Entscheidungsstichwort (Thema)

Landesverbände der Pflegekassen. Bestandsschutz. Versorgungsvertrag. Vereinbarung mit Sozialleistungsträgern. Pflegeeinrichtung. Rückwirkung. Vorverfahren. Leistungsklage. Anfechtungsklage. Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind wegen § 85 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGG Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch, ersetzt der im gerichtlichen Verfahren gestellte Antrag der Behörde auf Abweisung der Klage das erforderliche Vorverfahren.

2. Die auf Abschluss eines Versorgungsvertrags nach § 73 SGB XI gerichtete Klage ist erst zulässig, wenn die Landesverbände der Pflegekassen über den Abschluss (ablehnend) entschieden haben.

3. Ein Versorgungsvertrag nach § 73 SGB XI kann nicht mit Wirkung für die Vergangenheit abgeschlossen werden.

 

Normenkette

SGB XI §§ 72-73, 81 Abs. 1 S. 1; SGG § 85 Abs. 2 Nr. 1, § 193 Abs. 4

 

Verfahrensgang

SG Altenburg (Urteil vom 09.08.2001; Aktenzeichen S 15 P 1097/96)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. August 2001 wird zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagten zu Recht die Gewährung von Bestandsschutz für die Einrichtung der Klägerin – Psychiatrisches Pflege- und Seniorenheim “F.…” – nach § 73 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) abgelehnt haben. Hilfsweise begehrt die Klägerin ab dem 1. Juli 1996 bis zum 30. September 1998 den Abschluss eines Versorgungsvertrages, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagten rechtswidrig den Abschluss eines solchen abgelehnt haben.

Die Klägerin betreibt das Psychiatrische Pflege- und Seniorenheim “F.…”. Sie beantragte am 29. September 1995 bei der Beklagten zu 1) die Einräumung von Bestandsschutz für die Einrichtung. Der teilweise ausgefüllte Strukturerhebungsbogen datiert vom 27. Oktober 1995. Danach werden 160 vollstationäre Plätze ganzjährig vorgehalten. Laut dem beigelegten Konzept der Klägerin für das Psychiatrische Pflege- und Seniorenheim “F.…” steht für die Betreuung der Heimbewohner ein vielfältiges therapeutisches Angebot zur Verfügung. Ziel sei es, unter realistischer Einschätzung der vorhandenen Fähigkeiten eine optimale Lebensqualität zu erreichen. Die Betreuung konzentriere sich individuell auf den einzelnen Heimbewohner. Der Aufwand zur körperlichen Pflege sei groß. Hilfe sei bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig. Die Betreuung und Aktivierung erfolge durch gezielte Förder- und Therapiemaßnahmen, wie Musiktherapie, Bewegungstherapie und Beschäftigungstherapie. Am 31. Mai 1996 ging bei den Beklagten ein Schreiben der Pflegesatzkommission des Landes Thüringen beim Landesamt für Soziales und Familie an die Stadtverwaltung Gera vom 9. November 1995 über die ab dem 1. April 1995 bis zum 31. März 1996 zu leistenden Pflegesätze für die Pflegestufen III und IV sowie Auszüge eines Musterheimvertrages ein.

Am 20. Juni 1996 fand eine gemeinsame Sitzung des Gremiums nach § 81 SGB XI statt. Thema der Beratung war die Ablehnung des Bestandsschutzes über die von den Beklagten vorgeschlagenen Einrichtungen. Gegenstand der Beratung war laut beiliegender Liste unter anderem das Psychiatrische Pflege- und Seniorenheim ” F.…”.

Mit Bescheid vom 25. Juni 1996 lehnten die Beklagten die Gewährung von Bestandsschutz nach § 73 Abs. 4 SGB XI für das Psychiatrische Pflege- und Seniorenheim “F.…” ab. Aus der Konzeption sei ersichtlich, dass die Klägerin Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe/Behindertenhilfe erbringen und daher die Einrichtungsform unter § 71 Abs. 4 SGB XI i. V. m. § 13 Abs. 3 SGB XI des 1. SGB XI-Änderungsgesetzes einzuordnen sei.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1996 beanstandete die Beigeladene zu 2) gegenüber den Beklagten, dass die pflegeversicherten Heimbewohner durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch nicht begutachtet und eingestuft seien. Sie habe bereits vor geraumer Zeit eine Entflechtungskonzeption für dieses Heim vorgelegt. Danach hätten verschiedene Träger das gemischte Klientel dieser Einrichtung zu übernehmen, die Arbeiterwohlfahrt die chronisch psychisch Kranken, die Lebenshilfe die körperlich und geistig Behinderten, der Behindertenverband die schwerst und mehrfach Behinderten, der Landesverband für Arbeit und Soziales die Suchtkranken, die Klägerin die pflegebedürftigen Senioren. Die Klägerin erhalte in diesem Jahr einen Bewilligungsbescheid zur Errichtung eines Pflegeheimes mit 66 Pflegeplätzen für die pflegebedürftigen Senioren des “F.…” Heimes. Es werde eingeschätzt, dass nur ein geringer Teil der Bewohner zukünftig der Eingliederungshilfe zuzuordnen sei. Viele Bewohner – ca. 90 Prozent – seien auf Grund ihres körperlichen und geistigen Zustandes dem Pflegebereich zuzuordnen.

Gegen den Bescheid vom 25. Juni 1996 erhob die Klägerin am 4. Juli 1996 Widerspruch. Es sei weder eine Anhörung der Beteiligten, noc...

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