Tobias Kocholl, Dominik Klehr
Die gegenwärtige geopolitische Lage und die daraus resultierenden Preisentwicklungen am Rohstoffmarkt verstärken die Forderungen des Managements nach flexiblen Ad-hoc Simulationen verschiedener Rohstoffpreisszenarien. Der Finanzbereich sieht sich vermehrt mit Fragen konfrontiert, wie z. B. "Wie wirkt sich die aktuelle Öl- und Gaspreisentwicklung auf die Rentabilität des Unternehmens aus?".
Durch das entwickelte treiberbasierte Simulationsmodell, ist das Controlling in der Lage, solchen Anforderungen effizient und effektiv nachzukommen und somit eine proaktive Entscheidungsfähigkeit im Unternehmen sicherzustellen. Tab. 2 illustriert das treiberbasierte Modell zur Simulation verschiedener Rohstoffszenarien und die daraus resultierenden Effekte auf die Rentabilität des Unternehmens.
Durch steigende Rohstoffpreise erhöhen sich die rohstoffbezogenen variablen Stückkosten. Bei einem gleichbleibenden Verkaufsvolumen steigen die variablen Gesamtkosten durch den Preiseffekt gleichermaßen, was zu einem niedrigerem Deckungsbeitrag und einer verringerten Rentabilität führt. Um dem Effekt entgegenzuwirken, kann im Modell z. B. simuliert werden, dass die gesteigerten Rohstoffpreise zu einem gewissen Anteil an den Kunden über einen Anstieg des Verkaufspreises weitergegeben werden.
Durch den gestiegenen Verkaufspreis erhöht sich der Umsatz, welcher somit dem negativen Effekt durch die gestiegenen variablen Kosten entgegenwirkt. Durch eine zusätzliche Abbildung von Preiselastizitäten lassen sich die Auswirkungen des Verkaufspreisanstiegs auf die Verkaufsmenge modellieren und der Effekt auf die Rentabilität zusätzlich simulieren (aus Vereinfachungsgründen für diesen Beitrag ist die Preiselastizität im Beispiel nicht berücksichtigt).
Abb. 5: Simulation der Rohstoffpreisentwicklung
Abb. 5 illustriert die Auswirkungen eines Rohstoffpreisanstieges um 1,00 EUR (20 %) z. B. durch den Anstieg des Öl- und Gaspreises. Zudem besteht die Möglichkeit der Preisweitergabe des Rohstoffpreisanstiegs von 60 %. Das bedeutet, dass von den um 1,00 EUR gestiegenen Rohstoffpreisen 0,60 EUR an den Verkaufspreis weitergegeben werden können. Die Simulation zeigt, dass sich durch den Rohstoffpreisanstieg die Rentabilität des Unternehmens signifikant verringert. Der Deckungsbeitrag sinkt um 10 % und die Deckungsbeitragsmarge um 6 %.
Das Unternehmen kann bereits vor dem Eintritt von höheren Rohstoffpreisen verschiedene (Negativ-) Szenarien durchspielen. Durch die Simulationsfähigkeit von Rohstoffpreisen kann das Management gezielt Maßnahmen zur Stabilisierung der Rentabilität vorbereiten. Das Management kann dann bei Eintritt eines simulierten Szenarios die Maßnahme aktivieren und somit proaktiv auf Preisveränderungen am Rohstoffmarkt reagieren.
Mögliche Maßnahmen wären z. B. eine Veränderung im Rohstoffmix hin zu preisgünstigeren Substituten oder ein Fokus auf den Verkauf von höhermargigen Produkten. Durch eine frühzeitige Abschätzung der Rentabilitätssensitivität bei Rohstoffpreisveränderungen können zudem Hedging-Positionen des Unternehmens proaktiv angepasst oder eine Preisweitergabe aktiven nach-/neuverhandelt werden.