Gleichlautende Ländererlasse v. 19.9.2018, S 4501, BStBl I, 2018, 1074
Treuhandgeschäfte sowie Erwerbsvorgänge durch Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger erlangen für die Grunderwerbsteuer Bedeutung, wenn sie Anteile einer Gesellschaft mit inländischem Grundbesitz betreffen.
Einen typischen Treuhandvertrag gibt es bürgerlich-rechtlich nicht. Infolgedessen muss der Inhalt der Treuhandabrede stets im Einzelfall sachverhaltsbezogen festgestellt und grunderwerbsteuerrechtlich gewürdigt werden.
Treuhänder bzw. Treunehmer ist grundsätzlich, wer von einem anderen, dem Treugeber, Vermögensrechte (z.B. an Gesellschaftsanteilen) zu eigenem Recht erworben hat und diese Rechte zwar im eigenen Namen, aber nicht (ausschließlich) im eigenen Interesse ausübt.
Der unentgeltliche Auftrag (§ 662 BGB) sowie der entgeltliche Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB) verpflichten den Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger, ein ihm vom Auftraggeber bzw. Geschäftsherrn übertragenes Geschäft, z.B. den Erwerb und/oder die Verwertung von Gesellschaftsanteilen, für diesen vorzunehmen. Ob ein solches Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis vorliegt, kann jeweils nur im Einzelfall festgestellt werden.
Zu den Grundfällen im Zusammenhang mit der Begründung, Übertragung oder Rückgängigmachung von Treuhand- und Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnissen gilt Folgendes:
1. Ein Gesellschafter überträgt mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft auf einen Treuhänder.
1.1. Der Treuhänder wird Inhaber des für eine Anteilsübertragung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG erforderlichen Quantums der Gesellschaftsanteile. Der Rechtsvorgang unterliegt der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG, wenn für den Treuhänder durch Rechtsgeschäft ein Anspruch auf Übertragung begründet wird. Das ist regelmäßig bei der im Interesse des Treuhänders begründeten sog. eigennützigen Treuhand der Fall (z.B. Sicherungstreuhand, eigennützige Verwaltungstreuhand im Interesse der Gläubiger des Treugebers). Handelt es sich aus der Sicht des Treuhänders um eine sog. uneigennützige Treuhand (z.B. Liquidationstreuhand), besteht regelmäßig auf Grund der Vereinbarung nur die Pflicht des Treuhänders aus Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 662, 675 Abs. 1 BGB), die Übertragung der Anteile anzunehmen, nicht aber das Recht, diese zu verlangen. Mangels Übertragungsanspruchs des Treuhänders unterliegt die Übertragung der Anteile bei der sog. uneigennützigen Treuhand daher der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG.
1.2. Erwächst dem Treugeber bei einem uneigennützigen Treuhandverhältnis gleichzeitig mit der Übertragung der Anteile ein Rückübertragungsanspruch aus § 667 BGB, wird dadurch, dass dieser Anspruch nicht rechtsgeschäftlich begründet wurde, sondern kraft Gesetzes entsteht, der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nicht erfüllt. Wird bei eigennützigen Treuhandverhältnissen rechtsgeschäftlich eine aufschiebend bedingte Rückübertragungsverpflichtung begründet, entsteht die Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nach § 14 Nr. 1 GrEStG erst mit Bedingungseintritt.
1.3. Es kommen folgende weitere Erwerbsvorgänge in Betracht:
1.3.1. Der Treuhänder überträgt die Anteile auf den Treugeber zurück.
Beruht die Rückübertragung auf rechtsgeschäftlich begründeter aufschiebend bedingter Verpflichtung, entsteht die Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG (vgl. unter 1.2.). Erfolgt sie in Erfüllung des dem Treugeber zustehenden Herausgabeanspruchs (§ 667 BGB), so unterliegt der Vorgang der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG, und zwar bezüglich aller der Gesellschaft gehörenden Grundstücke. Bei Erfüllung der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen ist § 3 Nr. 8 Satz 1 GrEStG ebenso anwendbar wie § 16 Abs. 2 GrEStG, allerdings jeweils nur insoweit, als die Grundstücke bereits bei der Anteilsübertragung auf den Treuhänder zum Vermögen der Gesellschaft gehörten und in diesem verblieben waren.
1.3.2. Der Treugeber verzichtet auf seinen Herausgabeanspruch bzw. vor Bedingungseintritt auf den rechtsgeschäftlich begründeten Rückübertragungsanspruch.
Ein Rechtsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG wird dadurch nicht verwirklicht.
1.3.3. Der Treuhänder überträgt die ihm übertragenen mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft im Einvernehmen mit dem Treugeber auf einen Dritten; das Treuhandverhältnis erlischt.
1.3.3.1. Der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG unterliegt das Rechtsgeschäft, durch das der Dritte den Anspruch auf Übertragung von mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft erwirbt. Beruht die Anteilsübertragung nicht auf einem hierauf gerichteten Rechtsgeschäft, so unterliegt sie der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG.
1.3.3.2. Ein weiterer grunderwerbsteuerbarer Vorgang wird durch die Auflösung des Treuhandverhältnisses nicht verwirklicht.
1.3.3.3. Für den durch die Begründung des Treuhandverhältnisses verwirklichten Erwerbsvorgang kommt § 16 Abs. 2 GrEStG nicht zur Anwendung, weil keine Rückübertragung der Anteile auf den Treugeber erfolgt.
1.3.4. Der Treugeber überträgt seine Rückübertragungsa...