Womöglich gut gemeint, ist § 2a ErbStG-E schon deshalb nicht gut gemacht, weil ein eventueller Handlungsbedarf im BMF spätestens seit Bekanntmachung des MoPeG am 17.8.2021 im BGBl. I bestand, die eventuelle Lösung der Problematik bereits frühzeitig kommunizierbar war, nun die Verpackung in den umfangreichen Entwurf des Wachstumschancengesetzes die Brisanz der Vorschrift (vielleicht gewollt) verdeckt und nicht zuletzt der medienwirksam ausgetragene Streit der politischen Akteure/innen um die Kindergrundsicherung vs. Wirtschaftsförderung mit dazu beiträgt, dass das Gesetz unter zunehmendem Zeitdruck wohl gerade noch kurz vor dem Jahresende zustande kommt. Die notwendige und eingehende Diskussion der geplanten Vorschrift mit den betroffenen 16 Bundesländern sowie den Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft wird dabei auf der Strecke bleiben.
Dass die Problematik sehr komplex ist, zeigt beispielhaft eine jüngst veröffentlichte Dissertation. Unter dem Titel: "Freigebige Zuwendungen an Personengesellschaften" erörtert Yves Georg auf gut 600 Seiten, herausfordernd auch für fachkundige Leser/innen, lediglich einen Teilbereich dessen, was man mit den drei Sätzen des § 2a ErbStG-E per Federstrich bewältigen will (Yves Georg, Veröffentlichungen zum Steuerrecht 15, Universität des Saarlands, Mohr Siebeck 2023, dort insb. S. 1 ff.). Diese Problemlösung dürfte neue Probleme mit sich bringen, neue Fragen aufwerfen, neue Antworten auf alte Fragen erlauben, kurzum: Eine Fundgrube für interessierte Promovend/inn/en tut sich auf. Doch zunächst sind die Erbschaft-/Schenkungsteuerstellen gefordert, sollten sie sich denn tatsächlich mit einschlägigen Fällen befassen, und die Steuerpflichtigen und deren Berater, die die künftige Rechtslage zuvor schon zu beachten haben.
a) § 2a Satz 1 ErbStG-E
aa) Dürftige Begründung
Während mit den Sätzen 2 und 3 das Transparenzprinzip fortgeführt wird, ordnet Satz 1 klarstellend die Beibehaltung des Gesamthandsprinzips an. Grund sei die Verknüpfung der §§ 13a, 13b ErbStG mit der Ertragsbesteuerung, für die dies nun in § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 AO-E geregelt werde (RefE, S. 252). Weshalb man, vereinfachungshalber, nicht § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 AO-E entsprechend ergänzt, mag hier offen bleiben. Bemerkenswert ist jedoch, dass das Gesamthandsprinzip "für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer", d.h. über die behaupteten Zusammenhänge der genannten Steuerbefreiungsnormen hinausgehend, Anwendung finden soll. Eine Begründung hierfür liefert der Gesetzentwurf nicht.
bb) Betroffene Personengesellschaften
Betroffen sind "Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung)" und natürlich deren Gesellschafter (Sätze 2 und 3). Dem Klammerhinweis folgend stößt man auf "rechtsfähige Personengesellschaften einschließlich Gesellschaften (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen", die begrifflich zu den sog. rechtsfähigen Personenvereinigungen gezählt werden. Dies dahin auszulegen, dass bei Verwendung der Worte "rechtsfähige Personengesellschaften" in der AO und den Einzelsteuergesetzen "neben den rechtsfähigen Personengesellschaften im Sinne des § 705 BGB ([...] auch) Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen gemeint" seien (RefE, S. 203), erscheint gewagt.
Beraterhinweis Da § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO-E einerseits rechtsfähige Personengesellschaften benennt und andererseits sodann rechtsfähige Personengesellschaften i.S.d. § 705 BGB, Personenhandelsgesellschaften und weitere Gesellschaften, kann man zugleich auch zwischen diesen rechtsfähigen Personenvereinigungen unterscheiden. Möglicherweise gilt Satz 1 gerade für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften etc. nicht. Noch könnte die Vorschrift präziser gefasst werden.
cc) Erforderlichkeit?
Fraglich ist schließlich auch, ob Satz 1 überhaupt zur Verwirklichung des erstrebten Ziels erforderlich ist, künftig weiterhin anstelle rechtsfähiger Personengesellschaften deren Gesellschafter als Steuerschuldner zu behandeln (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Dies soll doch mit den Sätzen 2 und 3 angeordnet und speziell mit § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Alt. 2 AO-E umgesetzt werden unabhängig davon, ob man solche Gesellschaften als Gesamthand und das Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen fingiert; für Fälle gesamthänderisch gebundenen Vermögens (d.h. bei Erbengemeinschaften [§§ 2032, 2033 BGB] und Gütergemeinschaften [§§ 1416, 1419, 1421 BGB]) gilt § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Alt. 1 AO-E (= § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bisher).
dd) Gesamthand und Gesamthandsvermögen
Satz 1 verwendet beide Begriffe ohne sie zu definieren. Offenbar wird unterstellt, dass dies nicht nötig ist. Bislang konnte, wer wollte, mit dem II. BFH-Senat auf die Umkehrung der in § 718 Abs. 1 BGB kodifizierten Legaldefinition des Gesellschaftsvermögens rekurrieren (hierzu Wachter, FR 2018, 96 [unter 4.c, bb], Anm. zu BFH v. 30.8.2017 – II R 46/15, BStBl. II 2019, 38 = ErbStB 2018, 1 [Hartmann]). Nun entfäl...