Eine Erbeinsetzung ist formunwirksam, wenn die Erben in einem eigenhändigen Testament erst durch Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende Anlage individualisierbar bestimmt werden. (red.)

BGH v. 10.11.2021 – IV ZB 30/20

BGB § 2247, § 2267

Beraterhinweis Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Um wirksam zu sein, müssen sämtliche Verfügungen des Erblassers diese Formanforderungen erfüllen. Zulässig ist es, wenn in einem Testament auf eine andere wirksame letztwillige Verfügung verwiesen wird (BGH v. 15.6.2010 – IV ZR 21/09, ZEV 2010, 364; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2247 Rz. 8). Auf Schriftstücke, die nicht der Testamentsform genügen, kann der Erblasser dagegen grundsätzlich nicht Bezug nehmen (sog. "testamentum mysticum"), weil es insoweit an einer den Vorschriften der § 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG, § 160 Abs. 5 ZPO vergleichbaren Regelung fehlt, welche die Bezugnahme auf eine beigefügte Anlage für zulässig erklärt. Dementsprechend ist eine Erbeinsetzung unter Bezugnahme auf eine handgeschriebene Liste namentlich aufgeführter Erben unwirksam, wenn die räumlich im Anschluss an das Testament abgefasste Liste nicht unterschrieben ist (OLG München v. 7.10.2010 – 31 Wx 161/10, MDR 2011, 235). Gleiches gilt, wenn im Testament auf ein maschinell erstelltes Schriftstück Bezug genommen wird (BayObLG v. 10.7.1979 – BReg. 1 Z 28/79, BayObLGZ 1979, 215; OLG Köln v. 6.10.2014 – 2 Wx 249/14, FamRZ 2015, 1529). Zulässig ist eine solche Bezugnahme allein zum Zwecke der näheren Erläuterung der testamentarischen Bestimmungen, weil es sich dann nur um die Auslegung des bereits formgültig erklärten, andeutungsweise erkennbaren Willens handelt (OLG Köln v. 6.10.2014 – 2 Wx 249/14, FamRZ 2015, 1529; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2247 Rz. 8). Für eine solche Andeutung des Erblasserwillens reicht allerdings die bloße Bezugnahme auf die formunwirksame Anlage allein nicht aus, denn die Anwendung der Andeutungstheorie kann nicht dazu führen, die Formnichtigkeit einer letztwilligen Verfügung zu überwinden.

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