Leitsatz
Hat der Erblasser einen Verlust aus einer ausländischen Betriebsstätte nach § 2 Abs. 1 S. 1 AuslInvG abgezogen, so ist der entsprechende Betrag bei der Besteuerung des Erben hinzuzurechnen, wenn in dessen Person die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 3 AuslInvG erfüllt sind.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 5 AuslInvG
Sachverhalt
Der Kläger ist Miterbe nach seinem im Jahr 1982 verstorbenen Vater. Dieser hatte im Zusammenhang mit Einkünften aus einer Betriebsstätte in den USA einen Verlustabzug i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 AuslInvG in Anspruch genommen. Bei der Veranlagung zur ESt 1982 hatte das FA ein Fünftel dieses Verlustabzugs dem Kläger zugeordnet. Im Streitjahr 1986 erzielte dieser positive Einkünfte aus der Betriebsstätte in den USA, woraufhin das FA eine Hinzurechnung nach § 2 Abs. 1 S. 3 AuslInvG berücksichtigte.
Der Kläger meinte, der Hinzurechnungsbetrag gehe nicht auf den Erben über. Das FG wies die Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 30.10.2008, VII 220/2004, Haufe-Index 2175542, EFG 2009, 1188).
Entscheidung
Der BFH sah das genauso und erkannte in diesem Sinn gem. § 126a FGO ohne die beantragte mündliche Verhandlung.
Die Gründe dafür ergeben die Praxis-Hinweise.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft einmal mehr Verluste aus einer Auslandsbetriebsstätte (s. zuletzt BFH, Urteil vom 09.06.2010, I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744, BFH/PR 2010, 405), dieses Mal noch unter dem "Regime" der "alten" sog. Nachversteuerungsregeln des § 2 AuslInvG.
Nicht anders als in der Folgezeit (bis zum VZ 1998) nach Maßgabe von § 2a Abs. 3 EStG a.F. ermöglichte diese Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen den Verlustabzug im Inland unbeschadet einer abkommensrechtlichen Einkünftefreistellung (sog. Symmetriethese, vgl. dazu wiederum z.B. BFH, Urteil vom 09.06.2010, I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744, BFH/PR 2010, 405). Der Verlustabzug stand allerdings unter dem Vorbehalt einer (prinzipiellen) Nachversteuerung im späteren Gewinnfall. Diese Nachversteuerung war in § 2 Abs. 1 S. 3 AuslInvG und nachfolgend in § 2a Abs. 3 S. 3 und 4 EStG angeordnet.
2. Vor diesem Regelungshintergrund stand nun in Streit, wie es sich verhält, wenn der Verlustabzug (noch) beim Erblasser erfolgt war, der Gewinnfall jedoch beim Erben eintrat. Musste Letzterer dann die Nachversteuerung in Kauf nehmen? Oder konnte er sich auf die "Unvererblichkeit" des Verlustabzugs berufen – dies in Anlehnung an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007, GrS 2/04 (BFH/NV 2008, 651, BFH/PR 2008, 195), nach der ein Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug gem. § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur ESt geltend machen kann und ein Verlustvortrag infolge seiner Höchstpersönlichkeit sein natürliches "Ende" mit dem Versterben des betreffenden Steuerpflichtigen erfuhr?
Beides ist sicherlich vertretbar. Der BFH bekennt sich aber dazu, die Rechtsnachfolge in die Nachversteuerung anzunehmen (und damit zugleich einer Übertragung der vom Großen Senat aufgestellten Grundsätze auf die hier in Rede stehende Situation eine Absage zu erteilen). Grund war ihm die "systemische" Korrespondenz zwischen (abkommensüberwindendem) Verlustabzug und (leistungsfähigkeitsgerechter) Nachversteuerung im Gewinnfall. Er spricht in diesem Zusammenhang von der Verwirklichung eines "gespaltenen Tatbestands", der sich eben aus zwei korrelierenden Teilen ergänzend zusammensetzt.
3. Die Nachversteuerung bleibt dem Erben also nicht erspart, wenn sein Rechtsvorgänger von § 2 AuslInvStG (oder § 2a Abs. 3 S. 1 EStG a.F.) zuvor Gebrauch gemacht hatte.
Zu beachten ist: Der Verlustabzug nach Maßgabe des § 2 AuslInvG und § 2a Abs. 3 S. 1 EstG a.F. ist Rechtsgeschichte, die Nachversteuerung indessen keineswegs; sie gilt für unbegrenzte Zeit auch jetzt noch in die Zukunft fort.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 25.08.2010 – I R 13/09