Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Geht ein Steuerpflichtiger vor Einbringung seiner Einzelpraxis in eine neu gegründete Sozietät von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG über, so hat er jedenfalls bei Buchwerteinbringung keinen Anspruch auf Billigkeitsverteilung eines etwa dabei entstehenden Übergangsgewinns.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 EStG , § 4 Abs. 3 EStG , § 24 UmwStG
Sachverhalt
Ein Steuerberater gründete mit einem Berufskollegen eine Sozietät, in die er seine bisherige Einzelpraxis zum Buchwert einbrachte. Der Sozius leistete eine Bareinlage in das Gesellschaftsvermögen, mit der die Hälfte des Praxiswerts und der materiellen Wirtschaftsgüter abgegolten werden sollte. Die Forderungen und Verbindlichkeiten blieben dem bisherigen Praxisinhaber allein zugerechnet.
Der Steuerberater stellte eine Einbringungsbilanz auf, so dass sich wegen der bisher durchgeführten Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein Übergangsgewinn ergab. Für diesen beantragte er eine Verteilung auf drei Jahre nach Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 der damaligen EStR 1987. Die Sozietät ging im übernächsten Jahr wieder zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung über, woraus sich ein erheblicher Übergangsverlust ergab.
Das FA lehnte die Verteilung des Übergangsgewinns ab. Weder Klage noch Revision des Steuerberaters hatten Erfolg.
Entscheidung
Im Hinblick auf einen zwischenzeitlich ergangenen Änderungsbescheid führt der BFH zunächst aus, dass eine Zurückverweisung an das FG nicht erforderlich sei. In der Sache komme eine Verteilung des Übergangsgewinns nicht in Betracht. Es könne offen bleiben, ob die Regelung in R 17 EStR 2001 auch den Einbringungsgewinn erfasse. Jedenfalls bestehe keine Veranlassung für eine Verteilung aus Billigkeitsgründen, weil die Einbringungsbilanz freiwillig aufgestellt worden sei.
Hinweis
1. Beim Wechsel der Gewinnermittlungsart führen die unterschiedlichen Prinzipien für den Zeitpunkt des Gewinnbezugs dazu, dass ein Übergangsgewinn oder -verlust entsteht. Typischerweise kommt es zu einem Gewinn, wenn von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum Bestandsvergleich gewechselt wird. Denn Forderungen und ggf. Warenbestand sind gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Im umgekehrten Fall beim Wechsel vom Bestandsvergleich zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung sind die Forderungen und der Warenbestand abzuziehen, so dass regelmäßig ein Verlust entsteht.
Die Finanzverwaltung betrachtet die Entstehung eines Übergangsgewinns als besondere Härte und gestattet deshalb auf Antrag die Verteilung des Übergangsgewinns auf zwei oder drei Jahre (R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR). Dabei wird nicht danach unterschieden, ob der Wechsel zum Bestandsvergleich freiwillig oder zwingend erfolgt.
Sie sollten davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung die EStR bei nächster Gelegenheit dahingehend ändern wird, dass eine Gewinnverteilung nur noch bei zwingendem Wechsel der Gewinnermittlung zulässig ist. Denn der BFH stellt hier klar, dass die Entstehung des Übergangsgewinns systembedingt und damit aus der Sicht des Gesetzgebers gewollt sei, so dass grundsätzlich überhaupt kein Bedarf für eine Milderung der entstehenden Besteuerung bestehe.
Jedenfalls sei bei einem freiwilligen Wechsel eine Billigkeitsmaßnahme nicht veranlasst. Denn der Unternehmer wisse ja bei seiner Entscheidung, welche Folgen eintreten. Zwar hat der BFH keine Kompetenz zur Auslegung der Richtlinien und schränkt deshalb die dortige Regelung nicht selbst ein. Es ist aber zu erwarten, dass sich die Verwaltung der Meinung des BFH anschließen wird.
2. Beachten Sie, dass der BFH noch in einem anderen Punkt von der Verwaltung abweicht. Nach deren Meinung ist es nämlich erforderlich, eine Einbringungsbilanz auch im Fall der Buchwerteinbringung aufzustellen (OFD Frankfurt a.M. vom 9.5.2001, BB 2001, 1789 unter Hinweis auf H 16 [7] EStH). Damit wäre der Einbringungsgewinn durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart zwangsläufig entstanden und man könnte an eine Verteilung dieses Gewinns aus Billigkeitsgründen denken.
Der BFH stellt aber nun klar, dass im Fall der Buchwerteinbringung durch einen Unternehmer mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG keine Einbringungsbilanz aufgestellt werden muss. Ihre Aufstellung sei freiwillig. Wird trotzdem eine solche Bilanz aufgestellt, besteht zu einer Verteilung des entstehenden Übergangsgewinns aus Billigkeitsgründen keine Veranlassung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.9.2001, IV R 13/01