Leitsatz
Die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an die Markthändler kann als einheitliche Vermietungsleistung anzusehen sein (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 07.04.1960, V 143/58 U, BStBl III 1960, 261, unter 2.; vom 25.04.1968, V 120/64, BStBl II 1969, 94).
Normenkette
§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1993, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL
Sachverhalt
Eine Genossenschaft organisierte in Gemeinden Wochenmärkte. Sie erhielt von diesen die Sondernutzungserlaubnis oder auf mietvertraglicher Basis das zeitlich und räumlich begrenzte Nutzungsrecht für die Dauer des Wochenmarkts und schloss selbst wiederum mündlich sog. Marktverträge über die sog. Standplätze ab. Dabei sorgte sie auch für die Stromversorgung der Händler und die Endreinigung des Wochenmarktplatzes. Manchmal fanden "Sonderveranstaltungen" wie Musikdarbietungen statt.
Die Beteiligten stritten sich nur -- in Anknüpfung an die frühere Rechtsprechung des BFH -- um die Aufteilungsquote.
Entscheidung
Der BFH bestätigte -- unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung -- das FG (EFG 2005, 737), das den Sachverhalt revisionsrechtlich nicht zu beanstanden als eine einheitliche, durch die Standplatzvermietung gekennzeichnete Leistung beurteilt und die darüber hinaus erbrachten Leistungen der Klägerin als Nebenleistungen beurteilt hatte.
Der EuGH hatte zwar mit Urteil vom 09.03.2006, Rs. C-114/05 "Gillan Beach" (BFH/NV Beilage 2006, 278) über Leistungsort bei Veranstaltung von Schiffsmessen entschieden und dort einen die Leistungen bestimmenden Grundstücksbezug verneint. Eine solche Messe/Ausstellung umfasst jedoch -- anders als ein Wochenmarkt -- eine Vielzahl verschiedenster, komplexer Dienstleistungen. Hierzu hatte er ausgeführt: "Eine Ausstellung oder Messe ist unabhängig von ihrem Thema darauf gerichtet, einer Vielzahl von Empfängern grundsätzlich an einem einzigen Ort und zu einer bestimmten Zeit verschiedene, komplexe Dienstleistungen zu erbringen, um u.a. Informationen, Waren oder Ereignisse so zu präsentieren, dass für sie bei den Besuchern geworben wird." Im Gegensatz hierzu erbrachte die Klägerin im Streitfall an die Händler -- neben der Überlassung der Standplätze -- nur unwesentliche Nebenleistungen.
Hinweis
1. Bei der Vermietung von Standplätzen auf Wochenmärkten war die Finanzverwaltung -- in Anlehnung an die Urteile des BFH aus den 60er Jahren -- der Auffassung, die Leistungen des Veranstalters seien aufzuteilen in eine steuerfreie Standplatzvermietung und steuerpflichtige sonstige Leistungen (Strom, Reinigung).
2. Die Entscheidungen des EuGH bedingten eine Rechtsprechungskorrektur: "Vermietung" setzt nur voraus, dass dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, einen Gegenstand so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Und für die Frage, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere Leistungen vorliegen, gelten die geklärten Grundsätze: Nach dem Wesen des fraglichen Umsatzes ist zu ermitteln und festzustellen, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere Leistungen vorliegen. Eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung darf nicht künstlich aufgespaltet werden. Eine Leistung ist dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat. Danach ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG nur entscheidend, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, und wenn dies zutrifft, ob die Vermietungsteilleistung prägend ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.01.2008, V R 12/05