Leitsatz
In den Fällen der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf einen Einzelunternehmer ist die Übernahme des positiven Eigenkapitals der übernommenen Kapitalgesellschaft als eine bei der Berechnung von Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG des Einzelunternehmers berücksichtigungsfähige Einlage zu behandeln.
Sachverhalt
Der Kläger hat ein bilanzierendes Einzelunternehmen, auf das mit Wirkung zum 1.1.2006 die B-GmbH verschmolzen wurde. Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat der Prüfer zum 31.12.2014 einen Stand der Überentnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG festgestellt. Auf diesen Stand habe die Übernahme des positiven Eigenkapitals der B-GmbH im Zuge der Verschmelzung auf das Einzelunternehmen keinen Einfluss nehmen können. Dementsprechend wurden dem Gewinn des Klägers nicht abziehbare Schuldzinsen hinzugerechnet. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewiesen, denn bei Kapitalgesellschaften seien die in § 4 Abs. 4a EStG angesprochenen Zahlungsvorgänge privater Natur nicht vorstellbar, da eine Kapitalgesellschaft über keine außerbetriebliche Privatsphäre verfüge.
Entscheidung
Die Klage ist begründet. Die fehlende Berücksichtigung der Übernahme des (positiven) Eigenkapitals der früheren B-GmbH als Einlage im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG ist rechtswidrig. Als Einlagen legt § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter) fest, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres hinzugeführt hat. Demnach hat die im Zuge der Verschmelzung der B-GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers verbundene Übernahme deren positiven Eigenkapitals als Einlage des Klägers zu gelten. Ist der Verschmelzungsvorgang davon geprägt, dass natürliche Personen als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen, stellt sich strukturell die Lage ein, dass ein einzelner Steuerpflichtiger (von außen) Vermögenswerte in den Bereich seines Einzelunternehmens überführt hat.
Hinweis
Das für den Steuerpflichtigen positive Urteil ist zu begrüßen. Es ist als Einlage anzusehen, dass der Kläger zuvor das positive Eigenkapital der später auf sein Einzelunternehmen verschmolzenen B-GmbH mit Mitteln aus seinem Privatvermögen aufgebracht hat. Daran kann sich auch nichts dadurch ändern, dass der Steuerpflichtige die Einlage im Rahmen einer Verschmelzung auf sein Einzelunternehmen übergehen lässt. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Revision zugelassen wurde.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 19.03.2024, 15 K 15090/22