Leitsatz
1. Die Rechtsprechung, wonach der Ankauf, die Vermietung und der Verkauf von Wirtschaftsgütern zu einer einheitlichen, die private Vermögensverwaltung überschreitenden Tätigkeit verklammert sein können, ist nicht auf bewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt, sondern gilt gleichermaßen für unbewegliche Wirtschaftsgüter.
2. Eine Verklammerung kann auch dann zu bejahen sein, wenn die (beweglichen oder unbeweglichen) Wirtschaftsgüter veräußert werden, nachdem die in § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Haltefristen abgelaufen sind.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG, § 12 Abs. 1, Abs. 3 ErbbauRG, § 107 Abs. 1 FGO
Sachverhalt
Die klagende GbR hatte im Rahmen einer Public-Private-Partnership (PPP) einer Stadt ein Rathaus (1987) und einem Landkreis ein Straßenverkehrsamt (1993) errichtet, vermietet und später entgeltlich übertragen. Dazu war der GbR von der Stadt bzw. dem Landkreis jeweils ein Erbbaurecht mit einer Laufzeit von 20 Jahren bestellt worden. Die Gebäude wurden nach den Anforderungen der Stadt bzw. des Landkreises geplant und im Auftrag der GbR von einem Generalunternehmer schlüsselfertig errichtet. Während der Laufzeit des Erbbaurechts vermietete die GbR die Gebäude an die Stadt bzw. den Landkreis für einen monatlichen Mietzins. Bei Auslaufen des Erbbaurechts stand der GbR eine Entschädigung für den Übergang der Gebäude auf die Stadt bzw. den Landkreis zu.
Die GbR hatte für diese Tätigkeiten sowie die Vermietung weiterer Grundstücke immer Einkünfte aus VuV erklärt, was für die Jahre 1997 bis 2001 auch durch eine Betriebsprüfung bestätigt wurde. Nach einer weiteren Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2009 hielt das FA jedoch an dieser Auffassung nicht mehr fest, sondern ging von Einkünften aus Gewerbebetrieb aus. Im ersten Prüfungsjahr, dem Streitjahr 2003, führte das u.a. zu einer Gewinnerhöhung durch Rückgängigmachung bisher abgezogener AfA auf die beiden PPP-Gebäude, weil diese nun dem Umlaufvermögen zugeordnet wurden.
Die gegen den geänderten Feststellungsbescheid erhobene Klage, mit der die Qualifikation der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb angefochten wurde, hatte vor dem FG Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 6.10.2015, 16 K 10021/14, Haufe-Index 9305861).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Die Überlassung der Dienstgebäude könne über eine private Vermögensverwaltung hinausgegangen sein, wenn sie auf einem Geschäftskonzept beruht habe, bei dem ein positives Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Übertragungserlöses möglich war. Diese Grundsätze der sog. Verklammerungsrechtsprechung seien auch auf Immobilien übertragbar. Das FG müsse noch weitere Feststellungen für eine abschließende Beurteilung der Frage treffen, ob ein solches Geschäftskonzept von Anfang an verfolgt worden sei.
Hinweis
1. Die Entscheidung ist eine Fortsetzung der Urteile des BFH zur Überschreitung privater Vermögensverwaltung, wenn im Rahmen eines einheitlichen Geschäftskonzepts eine Nutzungsüberlassung mit der Veräußerung des überlassenen Wirtschaftsguts verklammert wird (zuletzt BFH, Urteil vom 8.6.2017, IV R 6/14, BFH/NV 2017, 1516, BFH/PR 2017, 391, BStBl II 2017, 1053 und BFH, Urteil vom 8.6.2017, IV R 30/14, BFH/NV 2017, 1523, BFH/PR 2017, 390, BStBl II 2017, 1061). Diese sog. Verklammerungsrechtsprechung wird jetzt auch auf Immobilien ausgeweitet.
2. Die Verklammerungsrechtsprechung betrifft das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs "Überschreiten privater Vermögensverwaltung". Eine Nutzungsüberlassung und die anschließende Veräußerung des Wirtschaftsguts überschreitet den Bereich privater Vermögensverwaltung grundsätzlich nicht. Nach Meinung des BFH ist das nur dann der Fall, wenn die Veräußerung von Anfang an eingeplant ist, um aus Erwerb, Nutzungsüberlassung und Veräußerung insgesamt einen Überschuss zu erzielen. Dann werden alle Bestandteile des Vorgangs zu einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit verklammert.
3. Welcher Art das Wirtschaftsgut ist, spielt für diese Grundsätze keine Rolle. Bei Immobilien steht die Verklammerung neben den Grundsätzen des gewerblichen Grundstückshandels. Sind dessen Voraussetzungen nicht erfüllt, können trotzdem wegen der Verklammerungsbetrachtung gewerbliche Einkünfte vorliegen.
4. Keine Bedeutung hat die Verklammerung für das in § 15 Abs. 2 EStG ausdrücklich genannte Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs "Nachhaltigkeit", das als Wiederholungsabsicht verstanden wird. Wird also nur eine verklammerte gewerbliche Tätigkeit ohne Wiederholungsabsicht ausgeübt, sind die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs nicht erfüllt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.9.2017 – IV R 50/15