Leitsatz
Eine Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer über die gesonderte Vergütung von Überstunden entspricht grundsätzlich nicht dem, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde, und führt daher zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Sachverhalt
Unternehmensgegenstand der X-GmbH war Entwicklung, Marketing und Consulting im Bereich rechnergestützter Systeme, der erlaubnisfreie Handel mit Waren aller Art sowie die Vermittlung von Handelsgeschäften jeglicher Art. Im Zeitpunkt der Gründung waren Frau X mit 75 % sowie Herr X und Herr Y jeweils mit 12,5 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Inzwischen ist Herr X beherrschender Gesellschafter. In dem Geschäftsführervertrag mit X (Abschluss unmittelbar nach Gründung der Gesellschaft) wurde neben einem Festgehalt und einer Tantieme eine Überstundenvergütung vereinbart. Die gezahlten Vergütungen wurden als Betriebsausgaben behandelt.
Entscheidung
Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist die bei einer Kapitalgesellschaft eintretende Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht in Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kommt in Betracht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Da die Mehrarbeitsvergütungen auf dem im Voraus abgeschlossenen, klaren zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Geschäftsführervertrag beruhten, ergeben sich aus der Tatsache, dass X beherrschender Gesellschafter ist, keine Anhaltspunkte für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann aber auch anzunehmen sein, wenn eine Kapitalgesellschaft mit ihrem Gesellschafter Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Die Vereinbarung von Überstundenvergütungen weichen davon ab, was unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Der Geschäftsführer einer GmbH identifiziert sich regelmäßig in anderer Weise als ein "normaler" Angestellter mit dem Wohl und Wehe der Kapitalgesellschaft. Den Gesellschafter kommt es darauf an, dass der Geschäftsführer - wann auch immer - seine Arbeit erledigt, selbst wenn dies die Ableistung sog. Überstunden bedeuten sollte. Das Verhältnis zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer wird von dem Vertrauen der Gesellschafter getragen, dass der Geschäftsführer - wann auch immer - seine Arbeit tut. Damit verträgt sich keine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden. Die GmbH ist regelmäßig nicht in der Lage, die Berechtigung entsprechender Forderungen zu prüfen. Sie müsste den Angaben des Geschäftsführers Glauben schenken, womit ein unkalkulierbares Risiko verbunden wäre. Dieses Risiko wird sie regelmäßig nicht eingehen. Stattdessen wird sie für eine angemessene Gesamtausstattung des Geschäftsführers Sorge tragen, die das zu übernehmende Kostenrisiko kalkulierbar macht. Zu einer angemessenen Gesamtausstattung kann auch eine erfolgsabhängige Tantieme gehören, die dem Geschäftsführer einerseits einen Anreiz zu Mehrarbeit bietet und ihn andererseits am Erfolg seiner Arbeit teilnehmen lässt. Erst recht verträgt sich eine Überstundenvergütungsvereinbarung nicht mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführers, wenn sie -wie im Streitfall- von vornherein auf Überstunden an Sonn- und Feiertagen sowie während der Nacht beschränkt ist und/oder wenn außerdem eine Gewinntantieme vereinbart ist (BFH, Urteil v. 19.3.1997, I R 75/96, BStBl 1997 II S. 577). Dabei ist es gleichgültig, ob die Regelung der Mehrarbeitsvergütung des Gesellschaftergeschäftsführers derjenigen entspricht, die auch von den anderen Arbeitnehmern der Gesellschaft in Anspruch genommen wurden. Denn von dem Geschäftsführer einer GmbH wird generell ein persönlicher Einsatz erwartet, der über den der anderen Arbeitnehmer hinausgeht.
Hinweis
Das Urteil nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BFH zu diesem Thema (BFH, Urteil v. 19.3.1997, I R 75/96, BStBl 1997 II S. 577 und v. 27.3.2001, I R 40/00, BStBl 2001 II S. 655), die die Vereinbarung einer Überstundenvergütung grundsätzlich als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 13.05.2004, 1 K 271/03