OFD Chemnitz, Verfügung v. 10.06.2003, S7419-7/1-St23

Bei Verkaufsveranstaltungen von Direktvertriebsunternehmen (insbesondere bei sog. Kaffeefahrten) werden Reiseleistungen (Beförderung, Verpflegung und ggf. Unterbringung der Teilnehmer) unter Einbindung von Omnibusunternehmen und ggf. Reisebüros erbracht sowie daneben andere Umsätze (Verkauf von Waren) erzielt.

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der erbrachten Leistungen gilt Folgendes:

 

1. Beförderungsleistungen

 

1.1 Omnibusunternehmer als Veranstalter

In Übereinstimmung mit dem Bundesminister für Verkehr sind die erbrachten Beförderungsleistungen als Ausflugsfahrten i. S. des § 48 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) anzusehen. Diese Auffassung geht von der üblichen Praxis aus, wonach gegenüber dem Interessenten (Fahrgast) zunächst nur der Omnibusunternehmer in Erscheinung tritt, der eine Fahrt zu einem bestimmten Ausflugsziel mit Programm anbietet. Die Beförderungsleistung wird also vom Omnibusunternehmer den Veranstaltungsteilnehmern gegenüber erbracht. Es handelt sich hierbei in der Regel um eine Eigenleistung des Omnibusunternehmers, so dass § 25 UStG keine Anwendung findet.

Der Vertriebsunternehmer bewirkt insoweit keine Reiseleistung i. S. des § 25 UStG.

 

1.2 Vertriebsunternehmen als Veranstalter

Nach dem BGH-Beschluss vom 18.06.1985 – 4 StR 772/83 (NJW 1985 S. 3084) können Werbefahrten mit Ausflugscharakter auch als Mietwagenverkehr i. S. d. § 49 Abs. 1 Satz 3 PBefG durchgeführt werden, so dass der Vertriebsunternehmer bei entsprechendem Auftreten nach außen als Veranstalter dieser Fahrten anzusehen ist.

Der Vertriebsunternehmer führt die (preiswerte) Fahrt zwar nur zu dem Zweck durch, um seine Verkaufsveranstaltungen durchführen und dabei Gewinn erzielen zu können. Gleichwohl können die Reiseleistungen und die Verkaufsveranstaltungen nicht als einheitliche Gesamtleistung angesehen werden.

Die von dem Vertriebsunternehmen erbrachten Reiseleistungen bei derartigen Werbefahrten mit Ausflugscharakter unterliegen der Besteuerung nach § 25 UStG, weil die touristische Leistung eindeutig im Vordergrund steht und von vielen Teilnehmern ausschließlich in Anspruch genommen wird sowie ein Wettbewerbsverhältnis zu anderen Busreiseveranstaltungen besteht. Die dabei ggf. entstehende negative Marge kann nicht mit den Verkaufsumsätzen verrechnet werden (vgl. BMF-Schreiben vom 10.10.1986 – IV A 1-S 7419-11/86, UR 1986 S. 307).

 

2. Unterbringung und Verpflegung

Bei der üblichen Sachverhaltsgestaltung (vgl. oben Tz. 1.1) ist davon auszugehen, dass der Omnibusunternehmer (bzw. das Reisebüro) auch diese Leistungen dem Reisenden gegenüber erbringt.

Es liegt deshalb ein Kettengeschäft (Beherbergungsunternehmer – Vertriebsunternehmer – Omnibusunternehmer – Reisender) vor. § 25 UStG findet auf die Leistungen des Direktvertriebsunternehmers keine Anwendung, weil er an einen anderen Unternehmer leistet.

Das Omnibusunternehmen erbringt hingegen Reiseleistungen, die der Besteuerung nach § 25 UStG unterliegen.

Tritt in den Fällen der Tz. 1.2 der Vertriebsunternehmer als Veranstalter auf, so erbringt er die Beherberungs- und Bewirtungsleistungen gegenüber dem Reisenden. § 25 UStG ist in diesen Fällen auch beim Vertriebsunternehmer anwendbar.

 

3. Gästeunterhaltung

Diese Leistungen sind nicht als Reiseleistungen anzusehen. Die Aufwendungen hierfür sind den Kosten des Vertriebs der angebotenen Waren zuzurechnen.

 

4. Warenzugaben

Hierbei handelt es sich regelmäßig um entgeltliche Lieferungen des Vertriebsunternehmers an den Reisenden/Käufer (vgl. Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 10.07.2000 – IV D 1 – S 7109 -5/00, BStBl. 2000 I S. 1185).

 

5. Gewinnreisen

Vertriebsunternehmen gehen teilweise dazu über, die Reiseleistungen unentgeltlich durchzuführen; die Teilnehmer der Werbefahrten haben die Reise im Rahmen eines Preisausschreibens gewonnen, das der Vertriebsunternehmer durch eine Postwurfsendung verteilt hat (sog. Gewinnreisen).

Nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene erbringt der Vertriebsunternehmer auch mit der Veranstaltung der sog. Gewinnreisen Reiseleistungen i. S. des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG, für die die Sonderregelungen der Besteuerung nach § 25 UStG gelten.

So ist nach § 25 Abs. 4 UStG – abweichend von § 15 UStG – der Unternehmer bei der Veranstaltung von Gewinnreisen nicht berechtigt, die ihm für die Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge als Vorsteuer abzuziehen. Die diesbezüglichen Vorsteuerbeträge mindern auch nicht die Umsatzsteuer-Zahllast aus den eigentlichen Verkaufsumsätzen.

Die entstehende negative Marge aus der Reiseleistung kann nicht mit den Verkaufsumsätzen verrechnet werden (vgl. Tz. 1.2).

 

Normenkette

§ 25 UStG

§ 15 UStG;

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