Sachverhalt
Bei dem Verfahren ging es Fragen zum Vorsteuerabzug sowie zur unentgeltlichen Wertabgabe.
Die Klägerin, eine OHG, erwarb ein Lagergebäude zum Betrieb eines Großhandels. Um einen Teil des Lagergebäudes vorübergehend als Wohnraum für die Gesellschafter der Klägerin zu nutzen, erfolgten u. a. der Einbau von zwei Dachgauben und einer Diele. Während und nach Abschluss der Arbeiten wurde das Dachgeschoss 23 Monate lang als Wohnung der Gesellschafter genutzt. Anschließend wurde es für die betriebliche Verwendung hergerichtet und, wie vorgesehen, als Büro und Unterweisungsraum genutzt. Der Vorsteuerabzug hinsichtlich Einbaumaßnahmen zum Zweck der Nutzung als Privatwohnung war im Ausgangsverfahren umstritten.
Das vorlegende Gericht stellte vor diesem Hintergrund die Frage, ob ein Recht auf Vorsteuerabzug nach der 6. EG-Richtlinie auch für Ausgaben besteht, die einen dem Unternehmen zugeordneten Gebäudeteil dauerhaft umgestalten, um ihn zeitweilig privat nutzen zu können und die Umgestaltungsmaßnahmen ausschließlich für private Zwecke erfolgt sind.
Der EuGH musste prüfen, ob es einen Unterschied macht, wenn ein Steuerpflichtiger ein Gebäude erwirbt, das bereits teilweise für private Zwecke nutzbar ist, oder wenn er diese private Nutzbarkeit erst später herstellt.
Die niederländische Finanzbehörde differenzierte offensichtlich danach, ob der Erwerb des Gebäudes bereits zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. War dies der Fall, so bestehe ein Recht auf Vorsteuerabzug auch hinsichtlich der genannten Umbaumaßnahmen. War dies hingegen nicht der Fall, so bestehe kein solches Recht, offenbar weil die Nutzung der Umbaumaßnahmen weder nach dem Buchst. a, noch nach Buchst. b des Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL) als unentgeltliche Wertabgabe besteuert werden könne.
Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, dass einem Unternehmer, der einen Teil eines zu seinem Unternehmen gehörenden Investitionsgutes vorübergehend für seinen privaten Bedarf verwendet, nach Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a und b, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c und Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie (Jetzt Art. 26 Abs. 1, Art. 75 bzw. Art. 168 MwStSystRL) der Vorsteuerabzug für Ausgaben für dauerhafte Umgestaltungen auch dann zusteht, wenn die Umgestaltungen im Hinblick auf die vorübergehende private Verwendung durchgeführt wurden. Im Übrigen besteht das Vorsteuerabzugsrecht unabhängig davon, ob dem Unternehmer beim Erwerb des Investitionsgutes, an dem die Umgestaltungen vorgenommen wurden, MwSt in Rechnung gestellt und ob diese Steuer von dem Unternehmer als Vorsteuer abgezogen wurde.
Ausgehend von den Feststellungen in Schlussanträgen der Generalanwältin unterstellt der EuGH, dass durch die Umbaumaßnahmen (Einbau zweier Dachgauben und einer Diele) ein eigenes Wirtschaftsgut entstanden ist. Der Vorsteuerabzug für die Aufwendungen setzt nach dem Urteil zunächst voraus, dass die Klägerin bei den Umbaumaßnahmen als Unternehmer gehandelt hat. Der EuGH scheint dies für den Fall des Ausgangsverfahrens zu bejahen, wenn die Nutzung des ausgebauten Teils des Lagergebäudes zu Wohnzwecken von vornherein nur als vorübergehende Nutzung geplant und zum Zeitpunkt der Umbaumaßnahme bekannt war, dass dieser Teil des Lagergebäudes später hergerichtet werden würde, um für ausschließlich betriebliche Zwecke als Büro und Unterweisungsraum genutzt zu werden. Letztlich muss jedoch das nationale Gericht prüfen, ob die Klägerin die Absicht hatte, das aus den Umbaumaßnahmen entstehende Investitionsgut (später) für den Bedarf ihres Unternehmens zu verwenden.
In seinen weiteren Urteilsgründen kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass bei gegebener Absicht einer späteren unternehmerischen Verwendung der Vorsteuerabzug für die Umbaumaßnahmen nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass das betreffende Wirtschaftsgut zunächst ausschließlich privat und später ausschließlich unternehmerisch verwendet wird. Voraussetzung ist jedoch, dass das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist. Der EuGH hat damit zum ersten Mal ausdrücklich entschieden, dass der Vorsteuerabzug für Aufwendungen für die private Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes nicht nur bei einer gemischten Nutzung (gleichzeitige private und unternehmerische Nutzung) zulässig ist, sondern auch bei einer zunächst vollständig privaten Nutzung. Somit kann der Unternehmer theoretisch ein Gebäude, das er für eine spätere unternehmerische Nutzung anschafft, er zunächst jedoch ausschließlich privat nutzt, den Vorsteuerabzug auf die Anschaffungskosten geltend machen, falls der betreffende Mitgliedstaat nicht - wie z.B. Deutschland - einen Mindestanteil unternehmerischer Nutzung (nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG 10 %) voraussetzt. In diesem Falle hätte der Unternehmer jedoch den Nachweis zu führen, dass die spätere unternehmerische Nutzung beabsichtigt war.
Die Steuerbarkeit der Privatverwendung als unentgeltlichen Wertabgabe, die den Vorsteuerabzug auf die Aufwendungen für die Privatnutzung voraussetzt, ...