Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Schuldner der Umsatzsteuer ist grundsätzlich derjenige, der als leistender Unternehmer nach außen aufgetreten ist. Dies ist derjenige, der aus dem Rechtsgeschäft mit dem Leistungsempfänger berechtigt und verpflichtet ist. Ob er seine Leistungsverpflichtungen höchstpersönlich ausführt, ist ohne Bedeutung.
Sachverhalt
Die Antragstellerin war in den Streitjahren im Baugewerbe unternehmerisch tätig. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung wurde u.a. anhand von Kontrollmaterial festgestellt, dass offenbar Umsätze mit den Firmen W und H nicht erklärt worden waren. Die Antragstellerin machte geltend, dass die Kontrollmitteilungen auf gefälschten Rechnungen basierten, da ihre Firma gegenüber der Firma H niemals Leistungen erbracht habe. Auch seien die Zahlungsnachweise nicht von berechtigten Personen unterschrieben gewesen. Für die Rechnungen wurden jedoch laut Feststellung des Finanzamts dieselben Vordrucke verwendet, wie sie für andere zweifelsfrei feststehende Auftraggeber verwendet worden sind. Anhaltspunkte für eine Fälschung lagen offenbar nicht vor. Selbst wenn die Antragstellerin - wie behauptet - nur als Strohmann für ihren damaligen Ehemann und Betriebsleiter tätig gewesen ist, müsste sie sich - nach Ansicht des Finanzamts - die in ihrem Namen vereinnahmten Entgelte zurechnen und auch den Vorwurf der leichtfertigen Steuerhinterziehung gegen sich gelten lassen.
Zu den pauschalen Hinzuschätzungen kam es offenbar deshalb, weil die Klägerin wenig zur Erhellung des Sachverhalts beitragen konnte. Ihr damaliger Steuerberater sei mittlerweile unbekannt verzogen, außerdem seien auch sämtliche Buchhaltungsunterlagen nach einer Zwangsräumung bei ihrem damaligen Ehemann vernichtet worden.
Entscheidung
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte auch vor Gericht keinen Erfolg. Bei summarischer Prüfung sprach vieles dafür, dass die Umsatzsteuer leichtfertig verkürzt wurde, soweit sie auf die vereinnahmten Entgelte im Zusammenhang mit der Firma H entfällt. Dass es sich bei den vorgelegten Rechnungen um Fälschungen gehandelt hat, konnte auf Grund der Beweislage nicht nachvollzogen werden. Dabei wurde im besonderen Maße berücksichtigt, dass auf den Quittungen über die Barzahlungen sowohl der Firmenstempel als auch eine handschriftliche Unterschrift angebracht war. Dass die Antragstellerin vorbrachte, sie habe nur als "Strohmann" für ihren damaligen Ehemann gehandelt, konnte sie ebenfalls nicht entlasten, da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch ein Strohmann Leistender im Sinne des UStG sein kann. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" die Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat.
Hinweis
Die Antragstellerin hatte im Streitfall mit ihren Unterschriften auf den Steuererklärungen den Rechtsschein gesetzt, dass sie Inhaberin der Firma ist. Außerdem ist sie offenbar als leistender Unternehmer nach außen hin aufgetreten, weshalb sie sich die streitbefangenen Entgelte m. E. grundsätzlich auch zurechnen lassen muss.
Allerdings können bei Schein-/ oder Strohmann-Geschäften die Leistungen auch einer anderen als der nach außen auftretenden Person (Strohmann) zuzurechnen sein. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Rechtsgeschäft zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger wusste oder davon ausgehen musste, dass der als Leistender auftretende (Strohmann) keine eigene Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft eingehen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern wollte (vgl. hierzu Abschn. 16 Abs. 3 UStR). Offenbar gab es im vorliegenden Verfahren allerdings keine Hinweise darauf, dass die Antragstellerin nach außen erkennbar als Strohmann bzw. -frau für ihren früheren Ehegatten aufgetreten ist.
Link zur Entscheidung
FG München, Beschluss vom 30.09.2008, 14 V 2593/08