Leitsatz
Führt ein Dipl.-Oecotrophologe (Ernährungsberater) im Rahmen einer medizinischen Behandlung (aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme) Ernährungsberatungen durch, sind diese Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit.
Normenkette
§ 4 Nr. 14 UStG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger, ein Dipl.-Oecotrophologe (Ernährungsberater) übte 1996 bis 1998 seine ernährungsberatende Tätigkeit in den Streitjahren zunächst als freier Mitarbeiter bei Krankenkassen auf Honorarbasis aus. Aufgrund eines "Ernährungsberatungsvertrags" mit der Innungskrankenkasse (IKK) M führte er dort Ernährungsberatungen im Rahmen von Gruppenkursen oder als individueller Einzelberater mit Personen durch, die ihm durch ärztliche Verordnung oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen auf Grund sozial-medizinischer Begutachtung zugewiesen worden waren. Daneben war eine zusätzliche vergütete Teilnahme des Klägers als Ernährungsberater auf Messen, Gesundheitstagen und Tagen der offenen Tür vereinbart.
Seit 1997 vereinnahmte der Kläger seine Honorare unmittelbar von den von ihm beratenen Personen, die insoweit im Rahmen sozial-rechtlicher Regelungen teilweise einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber den Krankenkassen geltend machen konnten. Er berief sich erfolglos auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG. Das FG teilte seine Auffassung (EFG 2005, 71).
Entscheidung
Die Entscheidung Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG, das den Sachverhalt unter Berücksichtigung der in den Praxis-Hinweisen erläuterten Rechtsauffassung des BFH prüfen muss.
Hinweis
Die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 14 und Nr. 16 UStG harren – wie auch eine Reihe der anderen Steuerbefreiungen in § 4 UStG – einer Überarbeitung und Anpassung an die Vorgaben der 6. EG-RL durch den Gesetzgeber. Bis dahin obliegt dies der Rechtsprechung. § 4 Nr. 14 UStG – mit seiner aus der Umsatzsteuergeschichte resultierenden Anknüpfung an Tatbestandsvoraussetzungen des nationalen Einkommensteuerrechts – ist durch die 6. EG-RL, die Rechtsprechung des EuGH hierzu und die des BVerfG zurechtgestutzt. Für dessen Auslegung lassen sich nunmehr folgende Kriterien festhalten:
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG setzt bei richtlinienkonformer Auslegung voraus,
- dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt.
- Heilbehandlungen i.S.d. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL sind (nur) Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und – soweit möglich – der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Medizinische Leistungen, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, fallen nach der Rechtsprechung des EuGH nicht unter diese Befreiung für Heilbehandlungen. Außerdem umfasst nach der Rechtsprechung des EuGH die Regelung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (nur) Leistungen, die "außerhalb eines Krankenhauses im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelnden erbracht werden, wobei diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen kommt". Zweck der Bestimmung ist es, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken. Nicht unter die Befreiung fallen danach Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts sind.
- Steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG liegen auch vor, wenn eine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung aufgrund eines Versorgungsvertrags gem. §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Einrichtung als auch die Leistungen der hierzu nach Maßgabe des Versorgungs- oder Rehabilitationsvertrags qualifizierten Fachkräfte an diese Einrichtung steuerfrei.
- Ob eine Gutachtertätigkeit, deren Kosten von einem Träger der Sozialversicherung erstattet werden, als "heilberufliche Tätigkeit" qualifiziert werden kann, richtet sich nach dem Gegenstand des Gutachtens, d.h. danach, ob es im unmittelbaren Zusammenhang mit einer heilberuflichen Behandlung steht (z.B. Begutachtungen für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, wenn sie den – diesem nach § 275 SGB V obliegenden – Prüfungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Behandlungs- oder Rehabilitationsmaßnahmen oder der Durchführung medizinischer Vorsorgeleistungen dienen).
- Der Unternehmer muss die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen, die nicht ausschließlich von einer – z.B. für Dipl.-Oecotrophologen – nicht existierenden heilberufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung abhängt. Vom Vorliegen der beruflich...