Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 4.23.1 Abs. 2-4 UStAE.
Nachdem der BFH seine bisherige Rechtsprechung bestätigte und festgestellt hatte, dass ein mit Gewinnstreben betriebener Reiterhof, der nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist, weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 oder Nr. 23 UStG ausführt, ergänzt die Finanzverwaltung den UStAE.
Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 23 UStG kommt dann zur Anwendung, wenn die Leistungen im Bereich der Jugendhilfe von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts oder anderen – auch privaten – Einrichtungen erbracht werden, die als Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind.
Eine Anerkennung als Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter kann sich insbesondere aus der Kostenübernahme oder aus einer formalen Anerkennung durch staatliche Einrichtungen ableiten.
Die Finanzverwaltung ergänzt Abschn. 4.23.1 Abs. 2 UStAE um den Hinweis, dass vergleichbare privatrechtliche Einrichtungen insbesondere Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen sind, die als solche formal durch staatliche Einrichtungen anerkannt sind oder deren Kosten überwiegend von hierfür zuständigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts übernommen werden.
Einrichtungen, die im Rahmen des Hotel- und Gaststättengewerbes der Aufnahme von Kindern oder Jugendlichen dienen, und die nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII dazu keiner Erlaubnis bedürfen, sind keine begünstigten Einrichtungen.
Die Finanzverwaltung stellt außerdem klar, dass eine "Aufnahme" von Kindern und Jugendlichen i. S. d. § 4 Nr. 23 UStG keine Mindestdauer voraussetzt, es ist ausreichend, wenn die Aufnahme solange andauert, dass der im Gesetz vorausgesetzte Erziehungs- oder Bildungszweck erreicht werden kann.
Zu den begünstigten Leistungen gehören neben Beherbergung und Beköstigung auch die Beaufsichtigung der häuslichen Schularbeiten und die Freizeitgestaltung. Klargestellt wird, dass sowohl die Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungsleistungen als auch die damit zusammenhängenden Unterbringungs- und Verpflegungsleistungen unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG eine einheitliche – steuerfreie – Leistung darstellen.
Konsequenzen für die Praxis
Die Ergänzung des UStAE betrifft nicht nur die Sportlehrgänge als solche, sondern grundsätzlich alle Leistungen, die der Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und üblicher Naturalleistungen dienen, und die von Einrichtungen erbracht werden, die überwiegend Jugendliche zu Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecken aufnehmen. Einheitliche begünstigte Leistungen liegen auch dann vor, wenn privatrechtliche Einrichtungen solche Leistungen ausführen, die überwiegend von Einrichtungen des öffentlichen Rechts übernommen werden oder wenn die Einrichtung durch staatliche Einrichtungen anerkannt ist. Kommerziell ausgeführte Leistungen, für die die Teilnehmer direkt Zahlungen gegenüber dem leistenden Unternehmer vornehmen, können danach nicht der Begünstigung unterliegen.
Die Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 26.1.2017, III C 3 – S 7181/13/10001, BStBl 2017 I S. 175.