FinMin Schleswig-Holstein, Erlass vom 10.3.2021, VI 358 - S 7155 - 8986/2020
Seelotsen üben ihre Tätigkeit als freien, nicht gewerblichen Beruf (§ 21 Abs. 1 des Gesetzes über das Seelotswesen [Seelotsgesetz – SeeLotG] und § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) aus.
Für die Leistungen der Seelotsen sind Lotsgelder (§ 2 Abs. 1 Lotstarifverordnung – LTV) (Beratungsgeld, Wartegeld und Auslagen) zu entrichten. Lotsabgaben und Lotsgelder werden per Bescheid von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) erhoben (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SeeLotG und § 7 Abs. 1 Satz 1 LTV), die die Lotsgelder an die jeweilige Lotsenbrüderschaft (Die Lotsenbrüderschaft ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wird unter Geltung des § 2 Abs. 3 UStG nicht unternehmerisch tätig, da kein Betrieb gewerblicher Art vorliegt. Unter Geltung des § 2b UStG wird sie nur dann unternehmerisch tätig, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.) überweist; diese behält bestimmte Beträge ein (z.B. für die Ausgaben der Lotsenbrüderschaft und für Versorgungsbeiträge) und verteilt den Rest (sog. Verteilungslotsgeld) an die Seelotsen (§ 28 Abs. 1 Nr. 8 und 9 SeeLotG).
Steuerbarkeit und Steuerpflicht
Die Lotsleistungen werden an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG).
Lotsgelder für (Binnen-)Schiffe ausländischer Reeder sind demzufolge nicht steuerbar. Sofern es sich um einen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Leistungsempfänger handelt, geht die Steuerschuld nach Art. 196 MwStSystRL auf den Leistungsempfänger im übrigen Gemeinschaftsgebiet über. Die Rechnung muss gem. § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG einen entsprechenden Hinweis enthalten.
Zudem sind die Leistungen gem. § 18a Abs. 2 UStG in einer Zusammenfassenden Meldung zu melden.
Die von den Seelotsen für den unmittelbaren Bedarf der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG bezeichneten Wasserfahrzeuge (Wasserfahrzeuge für die Seeschifffahrt, die dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger dienen) erbrachten Lotsleistungen sind – sofern sie steuerbar sind – nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerfrei (Abschn. 8.1 Abs. 7 Nr. 8 UStAE).
Lotsgelder für Binnenschiffe deutscher Reeder sind hingegen steuerbar und steuerpflichtig.
Rechnungsstellung durch die GDWS und Vorsteuerabzug
Damit den Binnenschiffsbetreibern der Vorsteuerabzug aus steuerpflichtigen Lotsgeldern ermöglicht wird, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
Der von der GDWS erteilte Abgabenbescheid muss alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgeführten Angaben enthalten und insbesondere erkennen lassen, welcher Lotse welche Lotsleistung erbracht hat, damit der Bescheid als gem. § 14 Abs. 2 Satz 4 UStG im Namen und für Rechnung des oder der Lotsen ausgestellte Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG fungieren kann.
Erklärungspflichten
Das Lotsgeld ist Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG für die Leistung des Lotsen und Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Die Verteilung des sog. Verteilungslotsgeldes an die Seelotsen erfolgt gem. § 28 Abs. 1 Nr. 9 SeeLotG „nach Maßgabe einer Verteilungsordnung”. Die derzeit zur Anwendung kommende Verteilungsordnung sieht eine Verteilung nach Köpfen vor. Damit würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bereiten festzustellen, wie groß der von dem einzelnen Lotsen tatsächlich eingefahrene Anteil am Gesamtaufkommen ist.
Aus Vereinfachungsgründen habe ich daher – auch vor dem Hintergrund der Neutralität der Umsatzsteuer – keine Bedenken, wenn als Umsatz des einzelnen Lotsen die Beträge angesetzt werden, die ihm von der Lotsenbrüderschaft zugewiesen werden. Soweit bei den Abrechnungen mit den Lotsen Abzüge für Verwaltungs- oder Sachkosten oder Altersversorgung vorgenommen werden, mindern diese nicht das umsatzsteuerliche Entgelt.
Der Umsatz jedes Lotsen kann nach dem gleichen Verhältnis in steuerfreie und steuerpflichtige Beträge aufgeteilt werden, wie es sich aus den gesamten Lotsgeldeinnahmen der Lotsenbrüderschaft ergibt.
Aufzeichnungspflichten
Die Lotsen unterliegen den Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG. Ich halte es für vertretbar, dass die Lotsen die für die Umsatzbesteuerung erforderlichen Aufzeichnungen von der Lotsenbrüderschaft vornehmen lassen. Die Aufzeichnungen müssen jedoch für jeden Lotsen gesondert vorgenommen werden und ihm jederzeit zur Verfügung stehen. Das gilt auch die Führung des Buchnachweise nach § 8 Abs. 3 UStG.
Normenkette
UStG § 8 Abs. 1