OFD Frankfurt, Verfügung vom 28.7.2021, S 7105 A - 21 - St 110.2
Die Grundsätze zur Beendigung der Organschaft in Insolvenzfällen sind im Abschn. 2.8 Abs. 12 UStAE geregelt. Die mit BMF-Schreiben vom 4.3.2021 (BStBl 2021 I S. 316) aufgenommenen Grundsätze des BFH-Urteils vom 27.11.2019, XI R 35/17, wonach die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung beim Organträger oder der Organgesellschaft eine Organschaft nicht beendet, wenn das Insolvenzgericht lediglich bestimmt, dass ein vorläufiger Sachwalter bestellt wird, sowie eine Anordnung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO erlässt (Vollstreckungsschutz) sind infolge der Änderung der Insolvenzordnung durch das SanInsFoG vom 22.12.2020 nicht auf vorläufige Eigenverwaltungsverfahren anwendbar, die nach dem 31.12.2020 angeordnet wurden, es sei denn, diese fallen unter die Anwendung des § 5 Abs. 1 COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz. Der o.g. UStAE wird entsprechend angepasst, s. BMF-Schreiben vom 22.6.2021, III C 2 – S 7105/20/10001 :001.
Darüber hinaus bitte ich Folgendes zu beachten:
1. Zurechnung von Umsätzen
Entscheidend für die Zurechnung von Umsätzen ist der Zeitpunkt des Umsatzsteuer auslösenden Ereignisses. Erbringt demnach die Organgesellschaft Leistungen vor Beendigung der Organschaft, werden diese dem Organträger zugerechnet. Liegt der Zeitpunkt der Leistungserbringung nach Beendigung der Organschaft, werden sie grundsätzlich der Organgesellschaft als eigenständiger Unternehmerin zugerechnet. Unerheblich hierbei ist der Zeitpunkt der Rechnungserteilung sowie der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (FG Düsseldorf vom 23.4.1993, 5 K 531/90 U).
Analog hierzu richten sich Berichtigungsansprüche nach § 17 UStG, die diese Umsätze betreffen, nur dann gegen den Organträger, wenn der Zeitpunkt des den Berichtigungsanspruch auslösenden Ereignisses vor Beendigung der Organschaft liegt. Tritt das auslösende Ereignis jedoch nach Beendigung der Organschaft ein, richten sich die Berichtigungsansprüche auch gegen die Organgesellschaft.
Beispiel:
Die Organschaft zwischen X als Organträger und der Y-GmbH als Organgesellschaft wird am 17.01.09 beendet. Die regelversteuernde Y-GmbH hatte noch am 16.01.09 Waren im Wert von 10.000 EUR zzgl. USt an den Kunden Z geliefert. Noch am gleichen Tag stellt die Y-GmbH die Rechnung, die Z am 18.01.09 zugeht. Z zahlt am 04.02.09 und macht von der Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Skontos i.H.v. 2 % bei Zahlung innerhalb von 20 Tagen Gebrauch.
Die Umsatzsteuer aus der Lieferung entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 09, also nach Beendigung der Organschaft. Da das Umsatzsteuer auslösende Ereignis, also die Lieferung der Y-GmbH an Z, vor Beendigung der Organschaft erfolgt ist, ist die hierauf entfallende Umsatzsteuer noch beim Organträger X zu erfassen.
Die Berichtigung des Steuerbetrags aufgrund der Änderung der Bemessungsgrundlage hat nach § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG in dem Voranmeldungszeitraum zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Das die Änderung der Bemessungsgrundlage auslösende Ereignis ist die Zahlung von Z innerhalb von 20 Tagen nach Zugang der Rechnung. Die Minderung der Umsatzsteuer ist daher im Voranmeldungszeitraum Februar 09 zu erfassen und steht der Y-GmbH als nun eigenständiger Unternehmerin zu.
Hat jedoch der Organträger An- und Vorauszahlungen auf Umsätze aus Leistungen der Organgesellschaft, die nach Beendigung der Organschaft erbracht wurden, bereits der Umsatzbesteuerung unterworfen, so sind diese bei der Steuerfestsetzung der ehemaligen Organgesellschaft steuermindernd zu berücksichtigen, weil die Regelung über die Entstehung der Steuer für vereinnahmte Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG einen selbstständigen und abschließenden Steuerentstehungstatbestand enthält (vgl. BFH-Urteil vom 21.6.2001, V R 68/00, BStBl 2002 II S. 255).
2. Zurechnung von Vorsteuerbeträgen
Für die Zurechnung des Vorsteueranspruchs ist ebenfalls der Leistungsbezug als auslösendes Ereignis entscheidend. Vorsteuern aus Leistungen, die die Organgesellschaft vor Beendigung der Organschaft bezieht, stehen demnach dem Organträger zu, unabhängig davon, ob sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind.
Beispiel:
Die Organschaft zwischen A als Organträger und der B-GmbH als Organgesellschaft wird am 20.01.09 beendet. B hatte noch am 16.01.09 Waren im Wert von 10.000 EUR zzgl. USt von C geliefert bekommen. Die nach § 14 UStG ordnungsgemäß erteilte Rechnung des C geht bei B erst am 03.02.09 ein.
Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG liegen erst im Zeitpunkt des Erhalts der Rechnung am 03.02.09 vor. Der Vorsteuerabzug ist demnach erst im Voranmeldungszeitraum Februar 2009 zu erfassen. Der Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung steht jedoch in vollem Umfang A als Organträger zu, da im Zeitpunkt des Leistungsbezugs durch B die Organschaft noch bestanden hat.
Vorsteuern aus Leistungen, die di...