Entgegen der sehr stark am Wortlaut orientierten Auffassung des BFH und dem folgend der Finanzverwaltung, sprechen nach der hier vertretenen Auffassung auch gute Argumente dafür, dass die Umsatzsteueroption erstmalig auch in einem notariellen Nachtrag ausgeübt werden kann, jedenfalls wenn dies noch vor dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgt. Wie oben beschrieben, entsteht die Umsatzsteuer erst mit Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG). Die nach Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages aber noch vor diesem Zeitpunkt einvernehmlich und notariell erklärte Umsatzsteueroption, steht in Einklang mit dem Willen des historischen Gesetzgebers. Denn § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG diene "dem Schutz des Leistungsempfängers vor einer nachträglichen Ausübung der Option durch den leistenden Unternehmer, durch die eine nachträgliche Steuerschuld beim Leistungsempfänger entstehen würde." Da die Steuerschuld des Leistungsempfängers aber erst mit der Verschaffung der Verfügungsmacht entsteht, bedeutet eine noch vor diesem Zeitpunkt erklärte Umsatzsteueroption, dass dadurch eine nachträgliche Steuerschuld nicht entstehen kann. Der Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG geht offensichtlich von der Konstellation aus, dass der Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages, Zahlung des Kaufpreises und die anschließende Verschaffung der Verfügungsmacht zeitlich sehr nahe beieinander liegen. Aber gerade im Bereich der Immobilien-Projektentwicklung liegen zwischen dem sog. Signing und dem sog. Closing (also der Verschaffung der Verfügungsmacht) häufig mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre. Würden die Parteien noch vor dem Closing eine Umsatzsteueroption formgerecht und einvernehmlich vereinbaren, sind die Umsatzsteuerverhältnisse im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht und somit bei Entstehung der Umsatzsteuerschuld einvernehmlich geklärt. Vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung könnte es sich bei § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG mithin – vorsichtig formuliert – um eine Regelung mit überschießendem Charakter handeln.
Gleichwohl ist zuzugeben, dass die nachträgliche erstmalige Erklärung einer Umsatzsteueroption sowie die nachträgliche Erhöhung einer Teiloption aufgrund des Wortlauts des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG Konfliktpotential bergen und eine Nichtanerkennung durch die Finanzverwaltung droht. Den Leistungsempfänger gegen seinen Willen vor einer nachträglichen (Mehr-)Belastung mit Umsatzsteuer zu schützen, erscheint grundsätzlich jedenfalls fragwürdig.