Es kann festgehalten werden, dass der XI. Senat des BFH in der letzten Zeit zwei sehr beachtete Entscheidungen betreffend die Umsatzsteueroption bei Grundstückslieferungen getroffen hat. Dabei ist die Entscheidung aus dem Jahr 2015 auf breite Kritik aus dem Schrifttum gestoßen, während die Entscheidung aus dem Jahr 2021 dort nach der Wahrnehmung der Verfasser berechtigterweise ganz überwiegend begrüßt wird. Das Urteil aus dem Jahr 2015 machte es vor allem für Immobilien-Projektentwicklungen schwierig, da bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages trotz der noch durchzuführenden Bauphase und Vermietung, die spätere umsatzsteuerliche Vermietungssituation auf den Tag der notariellen Beurkundung antizipiert werden musste. Die Schwierigkeit liegt maßgeblich darin, dass der Umfang der Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich der auf den Kaufpreis entfallenden Umsatzsteuer maßgeblich von dieser – im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung ggf. noch nicht feststehenden – späteren Vermietungssituation abhängt. Mit seiner jüngsten Entscheidung hilft der BFH den Unternehmern aus dieser komplexen Situation und gibt der Praxis mit seinen zutreffenden und ausführlichen Argumenten auch Munition für die Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung an die Hand.
Eine Reaktion seitens der Finanzverwaltung zu dem Beschluss vom 2.7.2021 gab es bei Redaktionsschluss soweit ersichtlich nicht. Sollte die Entscheidung des BFH noch vor einer Änderung des UStAE im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden, verdeutlicht dies, dass sich die Finanzverwaltung an die Grundsätze der Entscheidung gebunden fühlt und sie bei allen noch offenen Fällen auch berücksichtigt werden muss. Allerdings ist der Beschluss des BFH bislang weder im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden, noch ist seine Veröffentlichung bislang angekündigt.
Erfreulich ist an dem streitgegenständlichen Verfahren insoweit außerdem, dass auch das erstinstanzliche Urteil von dem FG Baden-Württemberg aus dem Jahr 2019 den späteren Widerruf der Umsatzsteueroption bei Grundstückslieferungen befürwortet hat und mithin zwei finanzgerichtliche Instanzen dieselbe Rechtsauffassung vertreten. Für Steuerpflichtige ist daher zu hoffen, dass die einschlägigen Fälle künftig nicht auch noch vor einem FG ausgetragen werden müssen, sondern Einigkeit bereits im Rechtsbehelfsverfahren erreicht werden kann. Bis zu einer Änderung des Abschn. 9.2 Abs. 9 Satz 3 UStAE wird eine Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung hierzu aber kaum auszuschließen sein. Daher sollten diese Fälle bis zu einer Äußerung der Finanzverwaltung zur Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung möglichst offengehalten werden. Bei aller Euphorie über die Entscheidung wäre es aber wünschenswert und vor allem mit dem Sinn und Zweck von § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG vereinbar gewesen, hätte der BFH die zeitliche Grenze zur Ausübung der Umsatzsteueroption nicht dahingehend bestätigt, dass diese nur in dem ursprünglichen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag zu erfolgen hat und nicht auch in einem späteren notariell beurkundeten Nachtrag zum Grundstückskaufvertrag möglich ist.