Kompensation des Vorsteuerschadens des Verkäufers über Vertragsklauseln: Über geeignete Klauseln im notariellen Grundstückskaufvertrag kann der Kaufpreis ggf. angepasst und der Vorsteuerschaden des Verkäufers kompensiert werden. Der folgende vereinfachte und auf die umsatzsteuerlichen Effekte beschränkte Beispielsfall für die Situation einer Immobilien-Projektentwicklung soll verdeutlichen, dass sich die Entscheidung des BFH nicht lediglich in rechtlicher Hinsicht, sondern vor allem auch wirtschaftlich niederschlagen kann:
In einem notariellen Grundstückskaufvertrag vereinbaren die Parteien einen Netto-Kaufpreis i.H.v. EUR 50.000.000 (Grund und Boden sowie vom Verkäufer zu errichtende Gewerbeimmobilie). Die Vermietung soll durch den Käufer selbst erfolgen. In dem Vertrag wird vollständig zur Umsatzsteuer optiert. Der Brutto-Kaufpreis beläuft sich bei einem gesetzlichen Regelsteuersatz von derzeit 19 % daher auf EUR 59.5000.000. Nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages vermietet der Käufer 15 % der Fläche an einen Vorsteuerschädling und die restliche Fläche wird umsatzsteuerpflichtig vermietet. Bezogen auf den Kaufpreis beträgt der Vorsteuerschaden durch die Vermietung an den Vorsteuerschädling EUR 1.425.000 (15 % von EUR 9.500.000 gezahlte Umsatzsteuer auf den Kaufpreis).
Die Gesamtkosten (u.a. Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie Veräußerungskosten) des Verkäufers betragen EUR 43.000.000. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die vollständigen Kosten umsatzsteuerpflichtig waren und der Verkäufer die Vorsteuern geltend gemacht hat. Dies entspricht mithin einem Vorsteuervolumen von EUR 8.170.000 beim Verkäufer. Wird die Optionsquote von 100 % auf 85 %, also um 15 %, korrigiert, beziffert sich der durch den anteiligen Widerruf der Umsatzsteueroption entstehende Vorsteuerschaden des Verkäufers auf EUR 1.225.500 (15 % des Vorsteuervolumens von EUR 8.170.000). Das Delta zum Vorsteuerschaden des Käufers beträgt EUR 199.500 (EUR 1.425.000 abzgl. EUR 1.225.500). Dieses Delta stellt das potentielle umsatzsteuerliche Einsparvolumen dar, würde man den Verkäufer dazu bewegen können, einen anteiligen Widerruf der Umsatzsteueroption durchzuführen.
Gegenüber dem Vorsteuerschädling muss dann mithin nicht der potentielle Vorsteuerschaden des Käufers bei Volloption i.H.v. EUR 1.425.000 im Wege einer Mieterhöhung durchgesetzt werden, sondern "lediglich" der aufgrund des anteiligen Widerrufs der Umsatzsteueroption beim Verkäufer entstandene und vom Käufer entsprechend kompensierte Vorsteuerschaden i.H.v. EUR 1.225.500. Die Parteien müssen dabei auch die aus dem Widerruf der Umsatzsteueroption resultierenden weiteren Kosten (bspw. für Berater, ggf. Notar etc.) berücksichtigen, so dass sich das Einsparvolumen noch reduzieren kann. Gleichwohl empfiehlt es sich, diese Kalkulation im Einzelfall vorzunehmen. Auch wenn für diesen Prozess einige Verhandlungen geführt werden müssen, kann sich dies jedoch am Ende für den Käufer wirtschaftlich positiv bemerkbar machen.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass der (anteilige) Widerruf einer ausgeübten Umsatzsteueroption keinen Einfluss auf die umsatzsteuerliche Behandlung von mitübertragenen Wirtschaftsgütern hat, deren Umsatz nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt.