LfSt Bayern, Schreiben vom 3.1.2023, S 7119.1.1-3/6 St33
Diese Verfügung ersetzt die Verfügung vom 11.08.2020 (S 7119.1.1-3/4 St33).
I. Sachverhalt
Oftmals erfüllen Werbeunternehmer ihre Aufträge gegenüber ihren Kunden durch das Anbringen von Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen, die dann im Stadtbild bewegt werden. Hierfür wird verschiedenen Institutionen (soziale Einrichtungen, Vereine, Verbände, Kommunen, Interessenverbänden, etc.) ein entsprechend mit Werbeflächen versehenes Fahrzeug überlassen (sog. Werbemobil). Der Werbeunternehmer übergibt das Fahrzeug der Institution zur Nutzung, behält jedoch den Kfz-Brief bis zum Ende der Vertragslaufzeit, die der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entspricht, zurück. Die Institution verpflichtet sich im Gegenzug, das Kfz bis zum Vertragsende möglichst werbewirksam und häufig zu nutzen, sowie die Werbung zu dulden. Für die Gebrauchsüberlassung sind keine Zahlungen an den Werbeunternehmer zu leisten. Die Zulassung sowie die Versicherung des Fahrzeugs erfolgt durch die Institution im eigenen Namen; sie hat auch die laufenden Kfz-Kosten zu tragen. Nach Vertragsende wird das Eigentum an dem Werbemobil ohne Zuzahlung – mit Ausnahme der durch den Werbeunternehmer zu zahlenden Umsatzsteuer – an die Institution übertragen, die sodann die Werbeflächen zu beseitigen hat.
II. Umsatzsteuerliche Würdigung der durch den Werbeunternehmer erbrachten Leistung
1. Steuerbarkeit
Der Werbeunternehmer erbringt bereits mit der Übergabe des Fahrzeugs zu Beginn des Nutzungszeitraums eine Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1 UStG an die betreffende Institution, da schon zu diesem Zeitpunkt die Verfügungsmacht über das Fahrzeug auf die Institution übergeht.
Ob die Verfügungsmacht verschafft wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Die für das Leasing entwickelten Grundsätze können für die Beurteilung sinngemäß herangezogen werden (Abschn. 3.5 Abs. 5 UStAE). Da der Vorgang bei vertragsgemäßer Erfüllung während des vereinbarten Nutzungszeitraums, welcher der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs entspricht, nicht gekündigt werden kann und mit dessen Ablauf das zivilrechtliche Eigentum auf die Institution übergeht, hat diese bereits zu Beginn des Nutzungszeitraums die Verfügungsmacht an dem Fahrzeug erlangt. Eine der Lieferung vorangehende sonstige Leistung (Fahrzeugüberlassung) ist daher nicht gegeben.
Die Lieferung des Fahrzeugs durch den Werbeunternehmer und die sonstige Leistung der Institution an den Werbeunternehmer erfolgen im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes, wenn das Entgelt für die Lieferung des Fahrzeugs in der Werbeleistung besteht, die die Institution mit der Duldung der Anbringung der Werbeflächen auf dem Fahrzeug und dessen werbewirksamen Einsatzes an den Werbeunternehmer erbringt (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG).
2. Bemessungsgrundlage
Beim tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt. Der als Entgelt anzusetzende subjektive Wert, den die Werbeleistung hat, bestimmt sich nach dem Betrag, den der leistende Unternehmer hierfür aufgewendet hat (Abschn. 10.5 Abs. 1 S. 2, 3 UStAE). Das sind die ungekürzten Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Kosten für das Anbringen der Werbung.
3. Entstehung der Steuer
Die Umsatzsteuer für die Lieferung entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Werbemobil an die Institution übergeben wurde (Vertragsbeginn), vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 UStG.
III. Umsatzsteuerliche Würdigung der durch die Institution erbrachten Leistungen
1. Steuerbarkeit
Die Leistung der Institution besteht in einer sonstigen Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG.
1.1. Überlassung an steuerbegünstigte Körperschaften des privaten Rechts (z.B. Vereine)
Die Gegenleistung der nutzenden Institution führt zur ertragsteuerlichen Begründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, wenn dieser aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt (BMF-Schreiben vom 18.02.1998, BStBl I 1998 S. 212 und AEAO zu § 64 Abs. 1, Rn. 11). Dies ist dann der Fall, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft vertraglich verpflichtet ist, das Fahrzeug über den zu eigenen Zwecken notwendigen Umfang hinaus einzusetzen oder es werbewirksam abzustellen, Pressekonferenzen zu veranstalten und Kontakte zwischen potentiellen Werbeträgern und dem Werbeunternehmer herzustellen.
1.2. Überlassung an juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPöR)
1.2.1. Neuregelung der Besteuerung von JPöR durch § 2b UStG
Durch Artikel 12 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 wurden die bisherigen Regelungen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (JPöR) neu gefasst. Der neu eingeführte § 2b UStG trat am 1. Januar 2016 in Kraft und ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 22 S. 2 UStG). Mit § 27 Abs. 22 S. 3 UStG wurde eine optionale Übergangsregelung geschaffen, nach der die bi...