Wie bereits in anderen Fällen soll nun der EuGH klären, welcher der beiden Senate Recht hat. Nach den Ausführungen des XI. Senats im Vorlagebeschluss gibt es die nachstehend dargestellten Lösungsansätze:
1. Vollständige Gleichbehandlung
Beide fiktiven Leistungen werden behandelt wie die Kommittentenleistung ohne Kommissionär: Zum einen ist lt. BFH denkbar, die rechtliche Beziehung zwischen dem Kommissionär und dem Kommittenten, für dessen Rechnung er handelt, umsatzsteuerrechtlich vollständig so zu behandeln wie die Dienstleistung, "bei der der Kommissionär hinzutritt." Das entspräche der unter II.2.a. (widerspräche aber der unter II.2.b.) dargestellten Rechtsprechung. In diesem Fall würden in dem dem Vorlagebeschluss zugrunde liegenden "Appstore-Fall" beide Leistungen (sowohl die des A an B als auch die Leistung des B an die EV) so behandelt wie die "vermittelte Leistung", d.h. wie die Leistung, die A unmittelbar an die EV erbringen würde, wenn es keine Kommissionärsstruktur gäbe. Dann würden alle Leistungen im Inland ausgeführt, weil die In-App-Verkäufe von A an die EV nach der in den Streitjahren geltenden Rechtslage gem. § 3a Abs. 1 UStG in Deutschland steuerbar wären.
Für diese Sichtweise könnte nach Ansicht des BFH sprechen, dass bei dieser Behandlung das "umsatzsteuerliche Ergebnis" nicht vom Vertriebsweg abhängt. Ansonsten könnte nämlich, zumindest bei B2C-Leistungen (§ 3a Abs. 1 UStG), die Besteuerung durch Einbindung eines Kommissionärs in einen anderen MS "verlagert" werden.
Auch würde gewährleistet, dass die Steuerbefreiung, die sich z.B. aus einem personenbezogenen Merkmal ergibt (der BFH spricht von einer "von einem Mitgliedstaat anerkannten Einrichtung"), nicht dadurch verloren geht, dass die Kommissionärin das personenbezogene Merkmal nicht erfüllt. Das heißt: Wird im oben dargestellten Fall des Opernkarteneinkaufs der V wie ein Opernveranstalter behandelt, bleibt es im Ergebnis für den Kartenkäufer bei der Befreiung von der Belastung mit Mehrwertsteuer. Die Entlastung des Kartenkäufers von der Verbrauchsteuer durch die Steuerbefreiung träte also unabhängig vom Vertriebsweg ein. Im Ergebnis wäre es also egal, ob der Opernbesucher die Karten direkt bei der Oper kauft oder über einen Kommissionär.
2. Gleichbehandlung nur hinsichtlich der Ortsbestimmung
Bestimmung nur des Leistungsortes für die Kommittentenleistung: Zum anderen wäre nach Ansicht des BFH denkbar, dass "zumindest der Ort der Dienstleistung, zu der der Kommissionär hinzutritt, auch den Ort der Dienstleistung zwischen Kommittent und Kommissionär bestimmt." Damit wäre, so der BFH, "zumindest" der Ort der Leistungen von A an B nach Art. 45 MwStSystRL zu bestimmen.
Durchführung von Vergütungsverfahren: Wo unter verbrauchsteuerlichen Gesichtspunkten dann im konkreten Fall der Vorteil liegen soll, wird allerdings nicht deutlich. A würde B deutsche MwSt in Rechnung stellen und B müsste sich diese im Vorsteuervergütungsverfahren wieder erstatten lassen, während die Leistungen von B an die EV weiterhin in Irland steuerbar wären. Gerade solche Notwendigkeiten für die Steuerpflichtigen, sich in anderen MSen registrieren lassen zu müssen bzw. in anderen MSen Vergütungsverfahren zu betreiben, sollte durch die Regelungen des sog. Mehrwertsteuerpakets, das zum Jahr 2010 eingeführt wurde, vermieden werden.
Auslegung nicht ableitbar aus dem Wortlaut: Außerdem wird nicht klar, woraus sich ein solches Verständnis der Regelungen (Fiktion des Leistungsortes, aber nicht der anderen Merkmale) ergeben soll. Eine Fiktion lediglich einzelner Tatbestandsmerkmale, noch dazu nur für eine der beiden fingierten Leistungen, lässt sich aus dem Wortlaut (und dem Sinn) der Vorschrift(en) wohl kaum ableiten.
3. Ermittlung des Leistungsortes getrennt für jeden Umsatz
Getrennte Bestimmung: Schließlich führt der BFH an, es wäre auch denkbar, dass der Ort der Dienstleistung vom Kommittenten an den Kommissionär und der Ort der Dienstleistung vom Kommissionär an die Endkunden ge...