In dem fast 500 Seiten umfassenden Bericht zu "BEPS Action 2" greift die OECD die Thematik hybrider Gestaltungen auf. Die Nationalstaaten sollen sowohl zur Vermeidung weißer Einkünfte die Steuerfreiheit versagen, wenn im anderen Staat ein Betriebsausgabenabzug gewährt wird, als auch im zweiten Schritt den Betriebsausgabenabzug versagen, wenn bereits im anderen Staat abgezogen wird. Gestaltungen im Zusammenhang mit Betriebsstättensachverhalten waren Gegenstand der Folgearbeiten zu Aktionspunkt 2 des OECD/G20-BEPS-Projekts, deren Ergebnis im Sommer 2017 im Bericht zu Neutralisierung der Effekte sog. „hybrid branches“ (Hybrid branch-Bericht 2017) veröffentlicht wurde. Die Empfehlungen im OECD/G20-Bericht 2015 und im Hybrid branch-Bericht 2017 sind rechtlich nicht verbindlich, die Bundesregierung beabsichtigt allerdings eine umfassende Umsetzung.
Während der erste Schritt bereits partiell in Deutschland aktuell geltendes Recht ist (z. B. Korrespondenzprinzip in § 8b KStG, §§ 3c EStG)) besteht hinsichtlich des zweiten Schritts nur die Sonderregelung des doppelten Verlustausschlusses in Organschaftsfällen nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Auf Initiative des Bundesrats wurden in einem ersten Schritt nicht die 8 Empfehlungen der OECD umgesetzt, sondern nur der nachfolgend erläuterte Fall des doppelten Betriebsausgabenabzugs für Sonderbetriebsausgaben gesetzlich in einem neuen § 4i EStG geregelt
Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie
Deutschland ist in der Umsetzung von BEPS 2 nicht frei. Vielmehr enthält die Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie, die eng an den OECD Berichte ausgerichtet ist, umfangreiche Vorgaben. Im Oktober 2016 legte die KOM einen Änderungsvorschlag zur ATAD bezüglich hybrider Gestaltungen in Anlehnung an die OECD/G20-Empfehlungen zu Aktionspunkt 2 vor, der mit Beschluss des ECOFIN am 25. Mai 2017 zur Verabschiedung der Änderungsrichtlinie 2017/952/EU („ATAD 2“) führte. Artikel 1 der ATAD 2 ändert Artikel 1, 2, 4, 9, 10 und 11 der ATAD und ergänzt diese um einen neuen Artikel 9a und 9b. Aufgrund der Änderung durch die ATAD 2 umfasst die ATAD auch Sachverhalte mit Drittstaaten und im Zusammenhang mit Betriebsstätten. Gemäß Artikel 11 Absatz 5a ATAD sowie Artikel 2 ATAD 2 sind die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der geänderten Artikel 1, 2, 4 und 9 sowie des eingefügten Artikel 9b ATAD bis zum 31. Dezember 2019 zu erlassen und ab 1. Januar 2020 anzuwenden. Ausnahme: Für Artikel 9a ATAD besteht eine abweichende Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 2021.
2.2.1 Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4i EStG bei grenzüberschreitenden Personengesellschaftsstrukturen
Mit Einführung des § 4i EStG ab 1.1.2017 soll der Abzug von Aufwendungen im Inland als Sonderbetriebsausgaben und der gleichzeitige Abzug derselben Aufwendungen im Ausland aufgrund von anderer Qualifikation vermieden werden.
Double Dip
Ein ausländisches Unternehmen beteiligt sich an einer inländischen KG und finanziert dies durch eine Darlehensaufnahme bei der ausländischen Hausbank. In Deutschland wird das Darlehen dem negativen Sonderbetriebsvermögen II zugeordnet und der Aufwand als Betriebsausgabe geltend gemacht. Der Aufwand wird aber auch im ausländischen Wohnsitzstaat geltend gemacht.
In diesen Fällen wird künftig im Inland der Sonderbetriebsausgabenabzug versagt, um den zweimaligen Abzug (sog. "Double Dip") zu verhindern.
Gem. § 4i EStG dürfen Aufwendungen eines Mitunternehmers nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden, soweit diese Aufwendungen auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen mindern, die bei ihm sowohl der inländischen Besteuerung unterliegen als auch nachweislich der tatsächlichen Besteuerung in einem anderen Staat. Unerheblich ist nach der Gesetzesbegründung, ob die Aufwendungen und Erträge im selben Veranlagungszeitraum, Steuerjahr oder Kalenderjahr zu berücksichtigen sind.
Die Regelung erfasst Aufwendungen, die ab 2017 steuerlich zu berücksichtigen sind. Sie schränkt insbesondere bei ausländischen Mitunternehmern von inländischen Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) den Abzug von Sonderbetriebsausgaben (insbesondere von Refinanzierungskosten) ein, um deren doppelte Berücksichtigung zu verhindern.
Personengesellschaften mit ausländischem Gesellschafterkreis
Die Vorschrift wird die Steuerrechtsanwendung bei inländischen Personengesellschaften mit einem ausländischen Gesellschafterkreis erheblich komplizieren. In der Anhörung beim Finanzausschuss des Bundestags wurde u. a. auf folgende Nachweisschwierigkeiten verwiesen:
- So ist unklar, wie der entlastende Nachweis einer tatsächlichen ausländischen Besteuerung von korrespondierenden Erträgen geführt werden soll, da den Erträgen die fraglichen Aufwendungen gegenüberstehen. Aus den ausländischen Steuerbescheiden werden regelmäßig die einzelnen Erträge und Aufwendungen nicht erkennbar sein.
- Die Nachweisschwierigkeiten erhöhen sich noch, wenn die (systemgerechte) ...