Rechtslage ab 2021: Offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung der Gemeindebehörde entfaltet keine Bindungswirkung
Durch das JStG 2020 sind § 7h Abs. 2 Satz 1 und § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG dahingehend ergänzt worden, dass der Steuerpflichtigen die erhöhten Absetzungen nur in Anspruch nehmen kann, wenn er den Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 bzw. § 7i Abs. 1 EStG durch eine nicht offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde führt.
Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass eine offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung der Gemeindebehörde nicht als Nachweis i. S. d. § 7h Abs. 2 Satz 1 bzw. § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG anzuerkennen ist und damit keine Bindungswirkung im Besteuerungsverfahren entfaltet. Die Regelung ist erstmals auf offensichtlich rechtswidrige Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2020 erteilt werden.
Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ist anzunehmen, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme/Bescheinigung gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn
- offensichtlich eine Rechtsgrundlage für die Erteilung der Bescheinigung fehlt,
- der Begünstigte die Bescheinigung durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.
In der Praxis sind dazu bereits verschiedene (nachfolgend beispielhaft dargestellte) Fallkonstellationen aufgetreten, denen mit der gesetzlichen Regelung entgegengewirkt werden soll.
Beispiel 1:
Bereits vor dem Beginn der Sanierungsmaßnahmen wurden die maßgebliche Sanierungssatzung aufgehoben. Gleichwohl wurden Bescheinigungen nach § 7h EStG ausgestellt, die eine Belegenheit der betroffenen Objekte in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet auswiesen.
Beispiel 2:
In einem Bauträgerfall lagen den durchgeführten Sanierungsarbeiten weder vorherige Sanierungsgebote der Kommune noch sonstige vorherige schriftliche Vereinbarungen zugrunde. Es wurden widersprüchliche Bescheinigungen ausgestellt, die einerseits auf das Fehlen der Gebote bzw. Vereinbarungen hinwiesen, aber andererseits den Ausweis begünstigter Sanierungsmaßnahmen enthielten.
Beispiel 3:
Nach Erwerb eines unbebauten Grundstücks mit vertraglicher Bebauungsverpflichtung erfolgte die erstmalige Bebauung mit einem Wohn- und Geschäftshaus. Gleichwohl stellte die Gemeinde eine Bescheinigung aus, wonach bestätigt wurde, dass das Gebäude im Sanierungsgebiet liegt und an dem Gebäude Maßnahmen durchgeführt worden sind, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung des Gebäudes dienen, welches wegen seiner städtebaulichen Bedeutung erhaltenswert ist.