Wie bereits dargelegt, ist zivilrechtliche Voraussetzung für eine Unterhaltspflicht die eigene Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen als Unterhaltsleistender, denn nach § 1603 BGB ist derjenige nicht unterhaltsverpflichtet, der bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Insofern können Unterhaltsaufwendungen nur insoweit steuerlich anerkannt werden, wenn diese in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen desjenigen, der den Unterhalt leistet, stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung seines eigenen Lebensbedarfs und ggf. seines Ehepartners und seiner Kinder verbleiben.
Ermittlung der Opfergrenze ...: Damit ist die sog. Opfergrenze zu ermitteln, die aber nicht mit dem zivilrechtlichen Selbstbehalt nach § 1581 BGB übereinstimmt. Beachten Sie: Die Opfergrenze gilt aber nicht gegenüber (geschiedenen) Ehegatten und bei Bestehen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft.
... in zwei Schritten: Die Opfergrenze wird in zwei Schritten ermittelt:
- Berechnung des verfügbaren Nettoeinkommens sowie
- Ermittlung eines Prozentsatzes.
1. Berechnung des verfügbaren Nettoeinkommens
Zum verfügbaren Nettoeinkommen gehören steuerpflichtige Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG sowie alle steuerfreien Einnahmen wie z.B. Kindergeld oder steuerfreie Teile der Rente, aber auch Steuererstattungen bezüglich Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Demgegenüber mindern Steuervorauszahlungen oder -nachzahlungen das Nettoeinkommen, ebenso gesetzliche Sozialabgaben bei Arbeitnehmern respektive gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bei Rentnern, für die übrigen Steuerpflichtigen die eigenen Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegeversicherung.
Keine Minderung des verfügbaren Nettoeinkommens erfolgt hingegen durch Verlustabzüge sowie sonstige Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Ansonsten vgl. auch Gehm, EStB 2022, 167 (168 unter 6.) zur Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens desjenigen, der Unterhalt leistet.
2. Ermittlung eines Prozentsatzes
Der Prozentsatz beträgt 1 % je vollen 500 EUR des verfügbaren Nettoeinkommens, höchstens aber 50 % und ist um je 5 % für den (geschiedenen) Ehegatten und für jedes Kind, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf Kindergeld (§ 66 EStG), Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG oder andere Leistungen für Kinder (§ 65 EStG hat) hat, zu kürzen – höchstens aber um 25 %.
Beachten Sie: Die Opfergrenze gilt unabhängig davon, ob der Unterhaltsempfänger im In- oder Ausland lebt. Bei der Ermittlung der abziehbaren Unterhaltsaufwendungen bei einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft bestehen Besonderheiten.