Leitsatz
1. § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 5 EStG i.d.F. des JStG 1996 lässt nur noch Unterhaltsleistungen an Personen, die nach inländischen Maßstäben gesetzlich unterhaltsberechtigt sind, zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zu. Unterhaltsleistungen an nach den Vorschriften des BGB nicht unterhaltsberechtigte Angehörige in der Seitenlinie sind auch dann nicht abziehbar, wenn der Steuerpflichtige nach ausländischem Recht zu deren Unterhalt verpflichtet ist, selbst wenn die Unterhaltspflicht aufgrund internationalen Privatrechts im Inland verbindlich ist.
2. Die Beschränkung des Abzugs auf Unterhaltsleistungen an nach inländischem Recht unterhaltsberechtigte Personen verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Europarecht.
Normenkette
Art. 3 Abs. 1 GG , Art. 6 GG , § 33 EStG , § 33a Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist türkischer Herkunft und seit April 2000 deutscher Staatsangehöriger. Er hat seinen ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte er Unterhaltsaufwendungen für seinen in der Türkei lebenden Vater und seine Stiefmutter in Höhe von 8?800 DM sowie seine Schwester und deren drei Kinder in Höhe von 17?608 DM nach § 33a Abs. 1 EStG geltend.
Hierzu legte er Belege vor, aus denen sich die überweisungen der Beträge an den Vater sowie an die Schwester und deren Kinder ergeben. Außerdem reichte er Unterhaltsbescheinigungen ein, nach denen der Vater im Streitjahr 1997 eine monatliche Rente von 200 DM, die Schwester eine monatliche Rente von 100 DM und deren Tochter N eine Waisenrente von monatlich 75 DM bezogen. Die weiteren Personen verfügen über kein eigenes Einkommen und Vermögen.
Das FA lehnte die Berücksichtigung der Unterstützungsleistungen an die Stiefmutter, die Schwester und deren Kinder ab. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidung
Nach der Neuregelung könnten nur noch Unterhaltsleistungen, die nach dem BGB geschuldet würden, abgezogen werden, nicht dagegen solche, die einem Ausländer von einer anderen Rechtsordnung auferlegt würden. Das gelte auch dann, wenn – wie hier – die Unterhaltspflicht aufgrund internationalem Privatrecht im Inland für den Kläger verbindlich sein sollte.
Die Neuregelung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber sei nur verpflichtet, die Unterhaltsleistungen, die er selbst seinen Bürgern auferlege, gegenüber den nächsten Angehörigen zu berücksichtigen. Nicht zu beanstanden sei daher auch der Ausschluss des Abzugs von Unterhaltsleistungen aus sittlichen Gründen.
Europarechtlich sei die Regelung ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger werde hierdurch nicht diskriminiert. Denn inländische Bürger könnten nach der Neuregelung Unterhaltsleistungen an ihre Geschwister ebenfalls nicht abziehen.
Hinweis
Durch das JStG hat § 33a Abs. 1 EStG eine änderung erfahren. Abziehbar sind nur noch Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Frage, ob eine Unterhaltspflicht besteht, nach inländischen Maßstäben zu beurteilen. Nach dem BGB sind neben Ehegatten nur Verwandte in ab- und aufsteigender Linie einander zum Unterhalt verpflichtet, also Großeltern, Eltern, Kinder. Keine Unterhaltspflicht besteht gegenüber Geschwistern und deren Kindern. Andere Rechtsordnungen sehen allerdings weitergehende Unterhaltspflichten vor. Diese Unterhaltspflichten sind in der Regel nach Art. 18 EGBGB für die Staatsbürger dieser Staaten auch im Inland verbindlich und können auch gegen sie vollstreckt werden. Betroffen sind vor allem türkische Staatsangehörige.
Der BFH vertritt in diesem Urteil die Auffassung, dass diese Unterhaltszahlungen nicht nach § 33a Abs. 1 abziehbar seien. Das Gesetz wolle – vom Fall des § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG abgesehen – nur die nach dem BGB geschuldeten Unterhaltsleistungen erfassen. Aus der Gesetzesbegründung folge eindeutig, dass ein Abzug von Unterhaltsleistungen aus sittlichen Gründen ebenfalls ausgeschlossen sein solle. Da § 33a EStG den Abzug von Unterhaltszahlungen abschließend regele, scheide auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen nach § 33 EStG aus.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind freilich zwangsläufige Unterhaltsleistungen, z.B. gegenüber Kindern oder anderen gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen von Verfassungs wegen zu berücksichtigen. Die vom BVerfG entschiedenen Fälle betrafen allerdings nur Unterhaltsleistungen an die nächsten Familienangehörigen und solche, die der inländische Gesetzgeber seinen Bürgern auferlegt. Ob auch andere zwangsläufige Unterhaltsleistungen von Verfassungs wegen zu berücksichtigen sind, ist ungeklärt, ebenso ob das subjektive Nettoprinzip überhaupt ein verfassungsrechtlicher Grundsatz darstellt. Der BFH ist der Auffassung, auf Unterhaltsleistungen, zu denen ein Steuerpflichtiger aufgrund einer ausländischen Rechtsordnung verpflichtet ist, gälten die Grundsätze des BVerfG nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn diese aufgrund des internationalen Privatrechts a...