Prof. Dr. rer. pol. Christian Timmreck
2.2.1 Funktionsweise der DCF-Methode
Zur Unternehmensbewertung mit Hilfe der DCF-Methode werden also zuerst die bewertungsrelevanten Zahlungsströme (also die Free Cashflows der zukünftigen Perioden) benötigt. Ausgangslage zu deren Berechnung ist das operative Ergebnis des Unternehmens, welches im Englischen als EBIT ("earnings before interest and tax") bezeichnet wird und sich aus der Gewinn-und-Verlust-Planung (GuV) ergibt. Hier zeigt sich schon die Umsetzung des Entity-Ansatzes, da die Zinszahlungen zum bewertungsrelevanten Zahlungsstrom hinzugerechnet werden, obwohl sie an die Fremdkapitalgeber fließen.
Anschließend wird vom EBIT ein fiktiver Betrag für die Unternehmenssteuer abgezogen. In Deutschland wird je nach Region und Hebesatz für Kapitalgesellschaften mit rund 30 % gerechnet. Hierin enthalten sind die Gewerbesteuer, die Körperschaftsteuer und der Solidaritätszuschlag. Um einen fiktiven Betrag handelt es sich, da die Unternehmenssteuer vom EBIT berechnet wird, obwohl die gezahlten Fremdkapitalzinsen eigentlich die Steuerlast senken würden. Dieser Steuervorteil der Fremdkapitalfinanzierung wird aber später bei den Kapitalkosten berücksichtigt.
Danach muss das Ergebnis noch um zahlungsunwirksame Buchungen (wie Abschreibungen und die Erhöhung von Rückstellungen) bereinigt und um zahlungswirksame Investitionen (in das Anlagevermögen oder in die Erhöhung des Working Capital) gekürzt werden. Das Working Capital bezeichnet dabei das – durch den operativen Geschäftsbetrieb – gebundene Kapital, welches nicht durch zinsfreie Lieferantenkredite finanziert ist und berechnet sich aus den Bilanzpositionen Vorräte plus Forderungen plus liquide Mittel reduziert um die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Am Ende ergibt sich der (operative) Free Cashflow, der allen Kapitalgebern zur Verfügung steht.
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Operatives Ergebnis (EBIT) |
- |
Unternehmenssteuern (auf das EBIT) |
+ |
Abschreibungen |
+ |
Erhöhung von Rückstellungen |
- |
Investitionen ins Anlagevermögen |
- |
Erhöhung des Working Capital |
= |
(operativer) Free Cashflow |
Abb. 1: Free-Cashflow-Ermittlung
2.2.2 Ablauf einer integrierten Planung
Gerade bei mittelständischen Unternehmen ist es nicht immer üblich, eine integrierte Planung, die neben der GuV-Planung auch eine Bilanzplanung beinhaltet, aufzustellen. Beides ist aber unverzichtbar für die Ermittlung des Free Cashflows und damit für die Anwendung der DCF-Methode. Schon die Planung des operativen Ergebnisses stellt viele Unternehmen vor gewisse Herausforderungen.
Hier empfiehlt es sich, Schritt für Schritt vorzugehen und mit der Umsatzplanung zu beginnen. Dabei ist die Verwendung von Wertreibermodellen zu empfehlen, die den Umsatz in Abhängigkeit von realwirtschaftlichen Faktoren planen lassen. Damit werden nicht nur – sonst implizit gemachte – Annahmen transparent gemacht, sondern häufig auch Ansätze für Wertsteigerungsoptionen geliefert. So lässt sich bspw. der Umsatz eines neuen Pkw-Modells als Funktion von Menge mal Preis ableiten, wobei sich der Preis aus der Marktforschung ergibt und die abgesetzte Menge dem Marktanteil bezogen auf die Neuzulassungen entspricht. Die Neuzulassungen wiederum ergeben sich aus dem PKW-Bestand im Verhältnis zur technischen Lebensdauer. Der Pkw-Bestand ist eine Funktion von Fahrzeugen pro Kopf und der Einwohnerzahl in einer Absatzregion.
Solche Prognosen lassen sich dann beliebig verfeinern und z. B. die Entwicklung der Einwohnerzahl oder eine Veränderung der technischen Lebensdauer berücksichtigen. Um dann vom Umsatz zum operativen Ergebnis zu kommen, müssen anschließend die Kosten geplant werden. Hier kann auf Basis der eigenen historischen Daten extrapoliert oder anhand von Benchmarking der Branchendurchschnitt (z. B. Materialeinsatz in % vom Umsatz) angesetzt werden.