Der Zinssatz bestimmt die Höhe der Finanzierungskosten und ist damit Bestandteil jeder Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Niedrige Zinsen bedeuten eine niedrige Schwelle für Investitionen in Maschinen, Menschen, Märkte. Wenn für solche Vorhaben Fremdkapital benötigt wird, dann ist die Situation mit niedrigen Zinsen positiver als in Zeiten der Hochzinsphase. Durch das aktuell steigende Zinsniveau müssen Investitions- und andere Finanzierungspläne neu gerechnet werden.
3.1 Alte Projekte lohnen noch immer
Alte Projekte, die in der Vergangenheit abgelehnt wurden, weil das notwendige Fremdkapital zu teuer oder einfach nicht verfügbar war, kommen nochmals auf den Prüfstand. Auch bereits positiv entschiedene Investitionsprojekte müssen neu gerechnet werden. Zwei entscheidende Dinge haben sich geändert:
- Ein niedriger Zinssatz reduziert auch die Rendite, die das Vorhaben erwirtschaften muss. Vorhandenes Geld ist sinnvoll angelegt, wenn die Projektrendite über dem Fremdkapitalzins liegt. Das ist in einer Zeit niedriger Zinsen einfacher als bei steigenden Kreditkosten. Es gibt immer noch Vorhaben, die sich aufgrund des aktuellen Niveaus positiv darstellen, andere Projekte, die vom niedrigen Zinssatz profitieren sollten, müssen jetzt gegen höhere Kreditkosten kämpfen.
In der Phase ausreichender Mittel bei den Banken ist es einfacher, Investitionen auch durch Fremdkapital finanzieren zu lassen. Die Eigenbeteiligung, die von der Bank verlangt wird, ist geringer. Damit haben früher abgelehnte Projekte noch immer die Chance, ihre Wirtschaftlichkeit neu zu beweisen, auch wenn die Zinsen gerade steigen. Dazu werden sie nicht komplett neu gerechnet.
- Es werden die abgelehnten Projekte herausgesucht, die an der Finanzierung oder an der Rendite gescheitert sind.
- Die anderen Bedingungen des Projektes werden auf ihre Aktualität hin geprüft. Falls es gravierende Änderungen gibt, werden diese angepasst.
- Das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wird neu errechnet und mit den aktuell gültigen Zinsen verglichen.
- Können die Projekte noch immer positiv dargestellt werden, sinken die Finanzierungskosten gegenüber einem höheren Zinsniveau, das zu erwarten ist, Liquidität für Investitionen und andere Projekte steht in größerem Ausmaß zur Verfügung.
Der wichtigste Gesichtspunkt ist die Alternative für vorhandene Mittel. Diese bringen in Zukunft wieder steigende Zinsen. Investitionen, die nur geringe Renditen erwarten lassen, sind für das Unternehmen nicht mehr sinnvoll.
3.2 Vorhandene Pläne jetzt realisieren
Wer bereits Investitionspläne entwickelt und für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen hat, sollte mit deren Umsetzung beginnen, solange die Kreditzinsen noch relativ niedrig sind. Es lohnt sich, die Voraussetzungen für Projekte wie den Aufbau neuer Märkte, die Erweiterung der Produktion oder den Bau eigener Gebäude zu schaffen, wenn das benötigte Fremdkapital noch preiswert ist und weitere Zinssteigerungen zu erwarten sind.
- Wenn die Projekte für später geplant sind, weil die Kapazität der Mitarbeiter noch nicht frei ist, kann diese Kapazität geschaffen werden. Externe Mitarbeit kann dabei helfen.
- Wenn für neue Gebäude noch Genehmigungen notwendig sind, können diese mit Hochdruck beschafft werden.
- Wenn das Investitionsbudget bereits ausgeschöpft ist, kann eine Ausweitung durch die Gesellschafter beschlossen werden.
Der Vorteil der preiswerten Zinsen für das benötigte Fremdkapital übertrifft in vielen Fällen die Zusatzkosten für eine notwendige Beschleunigung.
3.3 Neue Ziele setzen
Niedrige Zinsen sollten Anlass sein, über neue Wege nachzudenken, die nur mit zusätzlichem Kapital möglich sind. Die Banken verfügen über mehr als ausreichende Kreditmittel und sind gerne bereit, erfolgversprechende Projekte zu finanzieren. Dabei können die Investitionen ihre eigenen Sicherheiten bilden. Bisher unrealistische Ziele können erreicht werden. Mit steigenden Zinsen werden Projekte selbst bei leichten Verzögerungen schnell unwirtschaftlich.
- Möglich ist eine Kapazitätsausweitung durch die Investition in neue, zusätzliche Maschinen.
- Neue Märkte, auch im Ausland, können mit zusätzlichem Fremdkapital erschlossen werden.
Zinsen im Ausland
Wer im Ausland investieren will, z. B. in eine Vertriebsgesellschaft, muss das dortige Zinsniveau prüfen. Niedrigzinsen gibt es nicht überall außerhalb der Eurozone. Das Zinsniveau z. B. in Polen ist wesentlich höher als in Deutschland. Auslandsinvestitionen werden nur ungern von deutschen Banken finanziert, für solche Projekte muss mit den landestypischen Zinsen gerechnet werden. Hinzu kommt das Währungsrisiko. Es kann dennoch eine sinnvolle Idee sein, wenn z. B. auch freie liquide Mittel, die nur geringe Renditen erwirtschaften, eingesetzt werden können.
- Der Einstieg ins Online-Geschäft kann mit preiswertem Kapital finanziert werden.
- Der Kauf eines konkurrierenden oder ergänzenden Unternehmens ist vorstellbar, wenn die notwendigen finanziellen Mittel von Fremdkapitalgebern vorhanden sind.
- Der Bau eigener Gebäude ist weiterhin möglich, da langfristige preiswerte Finanzierungen noch immer auf dem Markt zu bekomme...