6.1 Gegenständliche Teilauseinandersetzung
Das BGB geht davon aus, dass die Miterben sich über den gesamten Nachlass auseinandersetzen. In der Praxis werden aber oft mehrere Teilungen vorgenommen. Bezieht sich die Erbauseinandersetzung auf einzelne Nachlassgegenstände, sodass der restliche Nachlass einstweilen ungeteilt bleibt, spricht man von einer gegenständlichen Teilauseinandersetzung. Eine solche auf einen Teil des Nachlasses beschränkte Auseinandersetzung kann nur einverständlich durchgeführt werden. Steuerlich gelten die gleichen Regeln wie für die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses: Eine gegenständliche Teilauseinandersetzung ohne Abfindung ist gewinnneutral, eine Teilauseinandersetzung mit Abfindung führt dagegen im betrieblichen Bereich zu einer Gewinnrealisierung.
6.2 Personelle Teilauseinandersetzung
Eine sog. persönliche oder personelle Teilauseinandersetzung liegt vor, wenn nur ein oder einige Miterben aus der Erbengemeinschaft ausscheiden und abgefunden werden, während die verbliebenen Miterben die Erbengemeinschaft fortsetzen. Eine personelle Teilauseinandersetzung ist also gegeben, wenn bei einer aus mehr als 2 Miterben bestehenden Erbengemeinschaft
- ein Miterbe dadurch ausscheidet, dass er seinen Erbteil auf einen anderen entgeltlich oder unentgeltlich überträgt oder
- ein Miterbe ohne Anteilsübertragung mit oder ohne Abfindung aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, sodass der gesamte Nachlass den übrigen Miterben entsprechend den gesellschaftsrechtlichen Anwachsungsregeln verbleibt.
Im letzteren Fall wächst zivilrechtlich der Anteil des ausscheidenden Miterben am Gesamthandsvermögen den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes zu. Geben alle Miterben zugunsten eines Miterben ihre Rechte auf oder verzichtet ein Mitglied einer zweigliedrigen Erbengemeinschaft in dieser Form gegenüber dem anderen Teil auf seine Rechte, führt die Anwachsung zum Ende der Erbengemeinschaft. Einkommensteuerlich ist das Anwachsen als – entgeltliche oder unentgeltliche – Übertragung des Anteils des ausscheidenden Miterben auf die verbleibenden Miterben anzusehen.
Scheidet bei einer personellen Teilauseinandersetzung ein Miterbe aus der Erbengemeinschaft gegen Abfindung aus, muss bei einem Mischnachlass zur Ermittlung der Anschaffungskosten des Erwerbers und eines evtl. Veräußerungsgewinns des veräußernden/ausscheidenden Miterben der Veräußerungserlös aufgeteilt werden. Die Aufteilung auf Betriebsvermögen und Privatvermögen hat im Verhältnis der Teilwerte bzw. Verkehrswerte zu erfolgen. Dem veräußernden Miterben entsteht ein Gewinn aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils i. S. d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, soweit der auf das Betriebsvermögen entfallende Veräußerungserlös sein Kapitalkonto übersteigt. Ein bei Veräußerung des Privatvermögens anfallender Gewinn unterliegt nur der Einkommensbesteuerung, soweit er auf Anteile an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG), auf ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG oder einbringungsgeborene Anteile entfällt, die vor dem 13.12.2006 geschaffen wurden, sodass § 21 UmwStG a. F. weitergilt. Einbringungsgeborene Anteile, die nach dem 12.12.2006 geschaffen wurden, fallen unter § 17 Abs. 6 EStG.
6.3 Wechselseitige Teilauseinandersetzung
Kommt es nach einer Teilauseinandersetzung später zur Auseinandersetzung des Restnachlasses, kann es zu "umgekehrten Abfindungen" kommen, also zu einer Abfindung an einen Miterben, der zuvor bei einer vorangegangenen Teilauseinandersetzung seinerseits eine Abfindung geleistet hat. Prinzipiell sind beide Teilauseinandersetzungen für sich zu werten. Eine Einschränkung macht der Große Senat: Umgekehrte Ausgleichszahlungen sind als Rückzahlung und Minderung der Anschaffungskosten bzw. Veräußerungserlöse anzusehen, wenn die Miterben bereits bei der ersten Teilauseinandersetzung eine weitere Teilauseinandersetzung mit umgekehrten Ausgleichszahlungen "im Auge haben".
Diese Voraussetzung ist nach Ansicht der Finanzverwaltung erfüllt, wenn seit der vorausgegangenen Teilauseinandersetzung nicht mehr als 5 Jahre vergangen sind. Wird die 5-Jahresfrist nicht eingehalten, werden die durch die ursprüngliche Abfindung entstandenen Anschaffungskosten bzw. Veräußerungserlöse vom Finanzamt nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend nicht anerkannt.