Schwerbehinderte Menschen sind Personen, deren Grad der Behinderung (GdB) i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB IX mindestens 50 beträgt. Sie haben gemäß § 208 SGB IX Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von 5 Arbeitstagen im Urlaubsjahr, basierend auf einer 5-Tage-Woche; bei anderer Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche erhöht oder senkt sich der Anspruch entsprechend. Wesentlicher Gesichtspunkt der Regelung des § 208 SGB IX ist, dass dem schwerbehinderten Menschen Gelegenheit gegeben werden soll, sich in einer zusätzlichen Kalenderwoche zu erholen.
Urlaubsberechnung bei Schwerbehinderung
Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer hat einen tarifvertraglichen Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen bei einer betrieblichen 5-Tage-Woche. Er arbeitet in Teilzeit 3 Tage wöchentlich:
(25 Urlaubstage + 5 Zusatzurlaubstage) / 5 Wochenarbeitstage × 3 individuelle Arbeitstage = 18 Arbeitstage Urlaub.
Der gesetzliche Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen teilt grundsätzlich das rechtliche Schicksal des Mindesturlaubs nach dem BUrlG. Für seine Entstehung gelten dieselben allgemeinen Voraussetzungen des Mindesturlaubs wie für seine Erteilung, Anrechnung und seinen Wegfall.
Der Zusatzurlaub nach dem SGB IX muss auch dann gewährt werden, wenn tarif- oder einzelvertraglich ein längerer als der gesetzliche Urlaubsanspruch besteht oder wenn Urlaub freiwillig aufgestockt wird. Der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen ist immer ein zusätzlicher Anspruch. Er darf weder auf den gesetzlichen Mindesturlaub noch auf den vertraglichen Mehrurlaub angerechnet werden.
Kein Zusatzurlaub für gleichgestellte Arbeitnehmer
Personen, die schwerbehinderten Menschen gleichgestellt i. S. d. § 2 Abs. 3 SGB IX sind, haben keinen Anspruch auf Zusatzurlaub. Für sie ist der Zusatzurlaub des § 208 SGB IX nach der ausdrücklichen Anweisung des § 151 Abs. 3 SGB IX ausgeschlossen.
Wird die Schwerbehinderteneigenschaft erst im Laufe eines Kalenderjahres beantragt und festgestellt, so hat der schwerbehinderte Mensch für jeden vollen Monat der Schwerbehinderung im Beschäftigungsverhältnis einen zeitanteiligen Anspruch. Für Bruchteile ganzer Urlaubstage enthält § 208 Abs. 2 Satz 2 SGB IX dieselbe Regelung wie § 5 Abs. 2 BUrlG für Teilurlaub. Der so errechnete Teilurlaub erhöht den gesetzlichen Urlaub. Besteht das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Jahr – sei es, dass es erst im laufenden Jahr begründet wurde, sei es, dass es vor Jahresende endet –, dann darf der Zusatzurlaub nicht ein zweites Mal im Zuge der Ermittlung des Jahresurlaubes nach dem BUrlG gequotelt werden; dieser Umstand wird schon bei der Quotelung des Zusatzurlaubs berücksichtigt.
Zeitpunkt der Antragstellung ist entscheidend
Die Schwerbehinderteneigenschaft wird grundsätzlich rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung festgestellt. Für den Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX bedeutet dies, dass auch dieser rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung entsteht. Maßgeblich für den Anspruch auf Zusatzurlaub ist also allein das Bestehen der Schwerbehinderteneigenschaft ab dem festgestellten Zeitpunkt. Auf die Feststellung dieser Eigenschaft durch die zuständige Behörde und insbesondere den Zeitpunkt dieser Feststellung kommt es nicht an. Der Bescheid nach § 152 SGB IX hat nur deklaratorische Bedeutung.
Ist der Anspruch auf Zusatzurlaub rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahres geltend gemacht worden, entsteht mit der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft der Anspruch auf Zusatzurlaub im Umfang, wie er sich ab Antragstellung anteilig errechnet; anderenfalls erlischt auch der Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres. Eine lediglich vorsorgliche Geltendmachung genügt ebenso wenig wie die bloße Mitteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, er habe Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt.
Die Ungewissheit über die Schwerbehinderung und über das Ergebnis des Feststellungsverfahrens nach § 152 Abs. 1 SGB IX ist kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund für eine Übertragung des Zusatzurlaubs auf den gesetzlichen Übertragungszeitraum gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG oder auf einen gegebenenfalls bestehenden tarifvertraglichen Übertragungszeitraum.