Leitsatz
Ein nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG insgesamt steuerfreier einheitlicher Grundstücksumsatz kann nicht nur bei der Veräußerung eines bereits bebauten Grundstücks vorliegen, sondern auch dann, wenn derselbe Veräußerer in zwei getrennten Verträgen ein Grundstück veräußert und die Pflicht zur Erstellung eines schlüsselfertigen Büro- und Geschäftshauses übernimmt. Leistungsgegenstand ist in diesem Fall ein noch zu bebauendes Grundstück.
Normenkette
§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1999
Sachverhalt
Eine KG veräußerte 2 unbebaute Grundstücke an eine Erwerbergemeinschaft und vereinbarte am selben Tag – durch eine Reihe von Regelungen mit dem Grundstückskaufvertrag verknüpft – die schlüsselfertige Erstellung eines Bürohauses. Das FA sah darin – anders als die Klägerin – eine einheitliche steuerfreie Leistung.
Entscheidung
Das FG hatte ein Zwischenurteil erlassen und die Revision zugelassen. Der BFH bestätigte das FG (FG Hamburg, Urteil vom 29.05.2007, 6 K 200/05, Haufe-Index 1783690, EFG 2007, 1639), dass aufgrund der Verknüpfung der beiden Verträge die Annahme von zwei unabhängigen Leistungen wirklichkeitsfremd wäre.
Hinweis
Die Grundsätze für eine einheitliche Leistung sind geklärt, deren Anwendung im Einzelfall häufig streitig.
1. Nur Tätigkeiten ein und desselben Unternehmers können eine einheitliche Leistung sein. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen sich – stets aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers – als Haupt- und Nebenleistung begreifen lassen oder so eng miteinander verbunden sind, dass deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Die Beurteilung kann nicht allein darauf gestützt werden,
- dass ein Gesamtpreis oder zwei getrennte Preise vereinbart werden,
- ob mehrere Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden oder ob sie zwar in verschiedenen Vertragsurkunden vereinbart werden, die Verträge aber rechtsgeschäftlich miteinander verknüpft sind,
- ob für die Leistungen (im Besprechungsfall: Grundstücksübertragung und Bauleistungen) unterschiedliche Zahlungszeitpunkte vereinbart sind; denn dies ist lediglich für die Frage der Entstehung der Steuerschuld nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b UStG von Bedeutung.
- Ob eine einheitliche Leistung vorliegt oder nicht kann jedenfalls i.d.R. nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.
2. Ist Gegenstand der zu erbringenden Leistung ein bebautes Grundstück, liegt eine einheitliche Leistung vor, die im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Gleiches gilt für die Übertragung eines durch den Grundstücksverkäufer zu bebauenden Grundstücks. Dass grunderwerbsteuerrechtlich Bau- und Architektenleistungen mit anderen Leistungen wie dem Erwerb des unbebauten Grundstücks zusammengefasst werden können und der dadurch vorhandene Erwerbsvorgang beim Erwerber der GrESt unterworfen wird, ist dabei umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung (von EuGH, Beschluss vom 27.11.2008, C-156/08, Vollkommer, BFH/NV 2009, 531, BFH/PR 2009, 161 bestätigt).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.03.2009 – V R 50/07