Leitsatz
Die Bindung an die Zusage einer Finanzbehörde kann entfallen, wenn sie in einer solchen Weise offensichtlich rechtswidrig ist, dass der Steuerpflichtige die Rechtswidrigkeit entweder erkennt oder jedenfalls erkennen kann.
Normenkette
Art. 20 Abs. 3 GG
Sachverhalt
Ein Steuerberater hatte 1973 eine komplizierte Konzeption zur Errichtung eines Seniorenheims entwickelt, die dazu dienen sollte, den Kommanditisten einer KG Verluste zuzuweisen.
In einem Aktenvermerk des FA wurde festgehalten, gegen die Bauherreneigenschaft der KG beständen keine Bedenken. Dies sei dem Steuerberater mitgeteilt worden.
Später vertrat das FA die Auffassung, die Einschaltung der KG sei missbräuchlich. Die KG berief sich auf die Zusage des FA.
Entscheidung
Der BFH wertete die Auskunft des FA als verbindliche Zusage. Das FA habe auch ohne schriftliche Bestätigung mit Bindungswillen gehandelt. Denn es habe im Anschluss an eine Besprechung und die Zustimmung des Amtsvorstehers seine – des FA – in einem Aktenvermerk festgehaltene Auffassung telefonisch dem Steuerberater mitgeteilt.
Dass die Auskunft rechtlich unzutreffend gewesen sei, schließe die Verbindlichkeit nicht aus. Denn sie sei – nach damaliger Rechtslage – nicht offensichtlich unzutreffend gewesen und der Steuerberater habe die Rechtswidrigkeit nicht erkennen können.
Hinweis
Der BFH fasst die Voraussetzungen einer bindenden Zusage wie folgt zusammen: Die Zusage muss vor der Ausführung der geplanten Konzeption erteilt werden, der Steuerpflichtige muss den entscheidenden Sachverhalt richtig und vollständig mitgeteilt haben und das FA muss die Zusage mit einem entsprechenden Bindungswillen – also nicht als unverbindliche Auskunft – erteilt haben.
Unter diesen Voraussetzungen scheidet eine Bindung lediglich dann aus, wenn sie klar dem Gesetz widerspricht. Das ist aber nur dann gegeben, wenn sie so offensichtlich rechtswidrig ist, dass der Steuerpflichtige die Rechtswidrigkeit erkennt oder erkennen kann.
Beachten Sie, dass eine auch nur mündlich erteilte Auskunft, auch wenn sie rechtswidrig ist, verbindlich sein kann. Aus Nachweisgründen sollte aber in jedem Fall auf einer schriftlichen Fixierung, wenn auch nur in einem Aktenvermerk des FA, bestanden werden.
Bemerkenswert ist auch, dass sich eine Auskunft auf eine allgemeine Konzeption beziehen kann, deren Details noch nicht festliegen, sondern im Einzelnen erst nach der allgemeinen – verbindlichen – "Absegnung" durch das FA entwickelt werden.
Bleibt noch hervorzuheben, dass es sich hier um einen sehr komplizierten umfangreichen Fall handelt und der BFH sein Ergebnis nach einer eingehenden Würdigung aller Einzelheiten getroffen hat. Im konkreten Fall können alle Details – von der Darstellung des Sachverhalts durch den Steuerpflichtigen bis zu der Art und Weise der Auskunfterteilung durch den betreffenden Bediensteten – Bedeutung gewinnen.
Entscheidend wird immer sein, ob sich die Auskunft tatsächlich auf das konkrete Vorhaben des Steuerpflichtigen bezogen hat oder ob dieser lediglich eine unverbindliche Meinungsäußerung des FA zu einem noch nicht näher ins Auge gefassten Projekt erbeten hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.7.2002, IX R 28/98