In der Handelsbilanz sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entweder das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer – ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen – Verbindlichkeit. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind erstmals im Jahresabschluss des Wirtschaftsjahres zu bilden, in dem sie wirtschaftlich verursacht sind.
Der Handelsbilanzwert von ungewissen Verbindlichkeiten für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze.
Auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage für eine Rückstellung sein; zur Abgrenzung von nicht zulässigen reinen Aufwandsrückstellungen ist jedoch dafür Voraussetzung, dass die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, d. h. es muss regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben und an die Verletzung der Verpflichtung müssen Sanktionen geknüpft sein. Die Verpflichtung zur Entsorgung eigenen Abfalls nach dem Abfallgesetz ist als eigenbetrieblicher Aufwand nicht rückstellungsfähig.
Sonderbeitragsverpflichtungen sowie die Verpflichtung zu Leistung von Sonderzahlungen an die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) sind öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, die erst durch den Erlass eines Beitragsbescheids (Verwaltungsakt) rechtlich entstehen und sich konkretisieren.
Für zusätzliche Kammerbeiträge (Sonderbeiträge)zur Handwerkskammer eines künftigen Beitragsjahres, die sich nach der Höhe des in einem vergangenen Steuerjahr erzielten Gewinns bemessen, kann keine Rückstellung gebildet werden.
Trägt eine Steuerberatungsgesellschaft ohne eine zivilrechtliche Verpflichtung freiwillig zur Kundenbindung im Rahmen noch bestehender Mandatsverhältnisse die Kosten einer 10-jährigen Aufbewahrung der Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum, so ist sie insoweit nicht zur Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten berechtigt.
Für die Verpflichtung eines Kraftfahrzeughändlers, verkaufte Kraftfahrzeuge auf Verlangen des Käufers zurückzukaufen, ist eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten – ggf. zu schätzenden – Entgelts auszuweisen.
Für Nachbetreuungsleistungen aus einer Verpflichtung zur Wartung und Instandhaltung von Werkzeugen für die Produktion von Zulieferteilen, die am Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sind, ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren.
Auch Rückstellungen für betriebliche Schadensersatzverpflichtungen aus strafbaren Handlungen sind zu bilden, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird.
Der für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten erforderliche wirtschaftliche Bezug zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag ist bei behördlichen Auflagen zur technischen Umrüstung vor Ablauf der Umsetzungsfristen nicht gegeben. Ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist. Bei der Bewertung von Rückstellungen sind künftige Vorteile nur dann wertmindernd zu berücksichtigen, wenn zwischen ihnen und der zu erfüllenden Verpflichtung ein sachlicher Zusammenhang besteht.
Laut BFH kann der Steuerpflichtige nach den Umständen des Einzelfalls nicht verpflichtet sein, eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit wegen eines gegen ihn geführten Klageverfahrens zu bilden, wenn nach einem von fachkundiger dritter Seite erstellten Gutachten sein Unterliegen im Prozess am Bilanzstichtag nicht überwiegend wahrscheinlich ist.
Laut BFH ist die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Prozesskosten eines Strafverfahrens betreffend Bestechung im geschäftlichen Verkehr und eines in dem daraus hervorgegangenen Strafurteil angeordneten Verfalls von Wertersatz wegen des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG nicht möglich.
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten können nur gebildet werden, wenn die für das Entstehen der Schuld erforderlichen wesentlichen Tatbestandsmerkmale am Bilanzstichtag erfüllt sind. Ein zukünftiger Prozesskostenaufwand für ein am Bilanzstichtag noch nicht anhängiges Verfahren kann deshalb grundsätzlich nicht zurückgestellt werden. Anderes kann allerdings dann gelten, wenn sich unter Würdigung der Gesamtumstände am Bilanz...