Rz. 1
An einem Bild festzuhalten, welches das völlig isolierte Handeln eines Unternehmens in seinem wirtschaftlichen Umfeld zeichnet, würde der ökonomischen Realität vollkommen widersprechen. Stattdessen können aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen die Interessen aus Sicht des Unternehmens in den Hintergrund treten und dem Willen anderer Gesellschafter, die Einfluss auf die Gestaltung von Geschäftsprozessen ausüben können, weichen. Der Aufsichtsrat, vom Gesetzgeber ursprünglich als Kontrollinstanz gedacht, ist vielfach ein Ausführungsorgan des Großanteilseigners geworden und der als Exekutivorgan konzipierte Vorstand erhält Anweisungen von Stellen, die außerhalb der Gesellschaft liegen.
Rz. 2
Beziehungen zu verbundenen Unternehmen weisen eine andere Qualität als jene zu nicht verbundenen Unternehmen auf. Havermann hat die verbundenen Unternehmen als "rechtlich selbständige Unternehmen, die wirtschaftlich in unterschiedlich starkem Maße miteinander verbunden sind", bezeichnet. So sind das Festsetzen von Verrechnungspreisen im Konzern und beispielsweise Kreditgewährungen und -prolongationen zwischen verbundenen Unternehmen in aller Regel leichter möglich und Ausleihungen werden häufig niedrig verzinslich oder gar unverzinslich gewährt. Ziel der Vorschriften für verbundene Unternehmen ist es, die "negativen Konsequenzen, die daraus den Aktionären und Gläubigern der beteiligten Gesellschaften sowie der interessierten Öffentlichkeit entstehen können, soweit wie möglich zu vermindern."
Wöhe nennt die nachfolgenden Zielsetzungen, die der Gesetzgeber mit den Pflichten verfolgt, die er den in bestimmten Unternehmensverbindungen stehenden Unternehmen auferlegt:
- Offenlegung der Unternehmensverbindung;
- Schutz der Gesellschafter und Gläubiger;
- Sicherung gegen etwaige Benachteiligungen durch den beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens.
Rz. 3
Da sowohl im AktG als auch im HGB eine Begriffsbestimmung verbundener Unternehmen vorgenommen wird, sind diese Vorschriften auch für die jeweiligen Regelungsinhalte parallel anzuwenden. Die unterschiedlichen Begriffsbestimmungen führen dazu, dass – neben den bestehenden Überschneidungen der beiden Verbundkonzeptionen des Aktiengesetzes und des Handelsgesetzbuchs – aufgrund des enger gefassten handelsrechtlichen Verbundbegriffs grundlegende Divergenzen zwischen diesen Konzeptionen existieren. Wird der Begriff der verbundenen Unternehmen im Dritten Buch des Handelsgesetzbuchs verwendet, gilt die Vorschrift des § 271 Abs. 2 HGB. Diese Begriffsbestimmung bezieht sich somit auf die handelsbilanzielle Rechnungslegung und Prüfung und verfolgt primär die Offenlegung der Unternehmensverbindungen. Soweit darüber hinaus auf den Tatbestand verbundener Unternehmen Bezug genommen wird, ist die Begriffsbestimmung des AktG maßgebend. Auf dieser Grundlage soll primär der Schutz der Gesellschafter und Gläubiger sowie die Sicherung gegen Benachteiligungen durch den ausgeübten (beherrschenden) Einfluss eines anderen Unternehmens erreicht werden.
Rz. 4
Der Terminus "Recht der verbundenen Unternehmen" ist deutschspezifisch und in der internationalen Rechnungslegung unbekannt. Wenn überhaupt, kommt allein die Definition der "related party" nach IAS 24 dem Begriff der verbundenen Unternehmen am nächsten. Auch das DRSC hatte mit DRS 11 einen Standard verabschiedet, der in Anlehnung an die internationalen Rechnungslegungsnormen für deutsche kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen die Verpflichtung zur Offenlegung von Informationen über die Beziehungen zu "nahestehenden Personen" im Konzernabschluss vorschlug, derweil aber durch DRÄS 4 aufgehoben wurde (vgl. aber §§ 285 Nr. 21, 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB).