BMF, Schreiben v. 5.1.1998, IV B 7 - S 2742 - 1/98, BStBl I 1998 S. 90
Mit Urteil vom 5.10.1994, I R 50/94 (BStBl 1995 II S. 549) hat der BFH zur Angemessenheit von Gewinntantiemen Stellung genommen, die eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer verspricht. Danach spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit Tantiemeversprechen gegenüber mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern – auch wenn sie nicht wesentlich an der Gesellschaft beteiligt sind – insgesamt den Satz von 50 % des Jahresüberschusses übersteigen. Bei der Prüfung der Angemessenheit von Gewinntantiemen ist von der Höhe der angemessenen Jahresgesamtbezüge auszugehen, die die Kapitalgesellschaft bei normaler Geschäftslage ihrem Geschäftsführer zu zahlen in der Lage und bereit ist. Im allgemeinen müssen die Jahresgesamtbezüge wenigstens zu 75 % aus einem festen und dürfen höchstens zu 25 % aus einem erfolgsabhängigen Bestandteil bestehen. Wollen die Beteiligten von diesen Sätzen abweichen, kann von ihnen eine Erläuterung verlangt werden, aus der sich die Veranlassung außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses ergeben muß. Der absolute Betrag der variablen Komponente ist in eine Beziehung zu dem zu erwartenden durchschnittlichen Jahresgewinn zu setzen; aus diesem Vergleich ergibt sich der angemessene Tantieme-Prozent-Satz. Die Tantieme ist anläßlich jeder Gehaltsanpassung, spätestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren auf ihre Angemessenheit zu überprüfen; sie kann auf einen absoluten Betrag begrenzt werden.
Zur erstmaligen Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 5.10.1994 enthält das BMF-Schreiben vom 3.1.1996 (BStBl 1996 I S. 53) eine Übergangsregelung.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zu Zweifelsfragen, die sich zur praktischen Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 5.10.1994, ergeben haben, wie folgt Stellung genommen:
1. Bemessungsgrundlage der 50-%-Grenze
Bemessungsgrundlage für die 50-%-Grenze ist der handelsrechtliche Jahresüberschuß vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern.
2. Bemessungsgrundlage der 75-%/25-%-Grenze
Bei der Ermittlung des angemessenen Teils der Gewinntantieme ist von dem tatsächlich vereinbarten Festgehalt auszugehen.
Beispiel:
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer soll eine angemessene Gesamtausstattung von 400.000 DM erhalten, die sich wie folgt zusammensetzt:
Festgehalt |
150.000 DM |
Gewinntantieme |
250.000 DM |
Der durchschnittlich erzielbare Jahresüberschuß vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern wird mit 1,6 Mio. DM angenommen.
Die angemessene Gewinntantieme beträgt ein Drittel von 150.000 DM, das sind 50.000 DM. Es ergibt sich eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 200.000 DM (250.000 abzüglich 50.000).
Der sich aus der Aufteilung ergebende absolute Betrag der angemessenen Gewinntantieme ist in eine Beziehung zu dem durchschnittlich erzielbaren Jahresüberschuß vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern (im Beispielsfall 1,6 Mio. DM) zu setzen. Aus diesem Vergleich ergibt sich der angemessene Tantieme-Prozentsatz durch folgende Rechnung:
50.000 × 100 |
= 3,125 % |
1,6 Mio. |
Von diesem angemessenen Tantiemeprozentsatz ist bis zum nächsten Zeitpunkt der Überprüfung der Angemessenheit der gezahlten Gewinntantieme (vgl. unter Nr. 3) auszugehen.
3. Zeitpunkt der Überprüfung
Die Angemessenheit der gezahlten Gewinntantieme ist im Zeitpunkt des Abschlusses eines Geschäftsführer-Vertrages und danach anläßlich jeder tatsächlich vorgenommenen Gehaltsanpassung, spätestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren insgesamt zu überprüfen. Auf das Beispiel im BFH-Urteil vom 5.10.1994 wird hingewiesen.
4. Abweichung von dem Verhältnis 75 %/25 %
Nach dem BFH-Urteil vom 5.10.1994 ist das Verhältnis 75 %/25 % keine starre Grenze, sondern ein Regelaufteilungsmaßstab. Weichen die Vertragspartner von dem Verhältnis 75 %/25 % ab, kann von ihnen eine Erläuterung verlangt werden, aus der sich die Veranlassung außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses ergibt.
Eine Veranlassung außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses beurteilt sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Sie kann u.a. in Betracht kommen für die Gründungsphase, bei vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, bei stark risikobehafteten Geschäftszweigen oder ausgeprägter Personenbezogenheit, die auch unter fremden Dritten zur Tantiemevereinbarung führen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Fundstellen
BStBl I, 1998, 90