OFD Karlsruhe, Verfügung v. 13.8.2019, S 7368 - Karte 1
1. Genehmigung
Eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann nur auf Antrag gewährt werden (§ 20 Satz 1 UStG). Der Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist an keine Form gebunden und kann bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der jeweiligen USt-Jahressteuerfestsetzung erfolgen (Abschn. 20.1 Abs. 1 UStAE). Ein konkludenter Antrag kann auch mit Abgabe von USt-Voranmeldungen (BFH-Beschluss vom 11.5.2011, V B 93/10, BFH/NV 2011 S. 1406) oder einer USt-Jahreserklärung (BFH-Urteil vom 18.8.2015, V R 47/14, BStBl 2018 II S. 611) gestellt werden, wenn hieraus eindeutig zu entnehmen ist, dass die Umsätze auf der Grundlage der Ist-Einnahmen erklärt worden sind.
Versteuert der Unternehmer ohne förmliche Genehmigung nach vereinnahmten Entgelten, ist ein nachträglicher Antrag anzuregen, wenn die Voraussetzungen des § 20 UStG vorliegen. In die Genehmigung können auch Besteuerungszeiträume einbezogen werden, die dem Kalenderjahr der Antragstellung vorangehen, soweit die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht formell bestandskräftig sind.
Die Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten soll der Vereinfachung der Besteuerung dienen, nicht aber dazu, das Steueraufkommen etwa dadurch zu gefährden, dass ohne korrespondierende Umsatzsteuerschuld einem anderen (evtl. auch verbundenen) Unternehmen der Vorsteuerabzug ermöglicht wird (Urteil des FG München vom 31.7.2003, 14 K 702/01). Eine Genehmigung zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist daher nicht zu erteilen, wenn die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten in missbräuchlicher Weise beansprucht wird. Das ist z.B. dann der Fall, wenn
- der Unternehmer Leistungen an nahestehende Personen erbringt und darüber Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt, damit die darin enthaltene Vorsteuer vom Leistungsempfänger abgezogen werden kann, die die Umsatzsteuerschuld auslösende Zahlung der Rechnungsbeträge jedoch ohne nachvollziehbare Gründe hinausgeschoben wird (Urteil des FG Berlin vom 2.3.1999, 7254/96, EFG 1999 S. 738),
- eine GbR überwiegend an den liquiditätsschwachen, vorsteuerabzugsberechtigten Gesellschafter Leistungen erbringt.
Indizien für eine Hinausschiebung der Besteuerung sind vage Vereinbarungen über die Fälligkeit der Rechnungsbeträge, die Nichteinhaltung konkreter Zahlungsziele und eine Fortführung der Umsätze, obwohl erhebliche Außenstände nicht beglichen werden.
Da die Rechtsprechung der Finanzgerichte generell darauf abstellt, dass der leistende Unternehmer das Entgelt über „längere” Zeit” nicht vereinnahmt, ist es erforderlich, auffällige Sachverhalte aktenkundig zu machen und ggf. über einen längeren Zeitraum hinweg zu betrachten.
2. Widerruf einer erteilten Genehmigung
Der Landesvordruck S 7-20 enthält bereits den Hinweis, dass die Genehmigung der Ist-Versteuerung ohne förmlichen Widerruf erlischt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 20 UStG nicht mehr vorliegen. Dieser explizit im Verwaltungsakt ausgesprochene Widerrufsvorbehalt hat zur Folge, dass mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung (Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen) die Regelungswirkung eintritt. Dies bedeutet, dass der Unternehmer ab Beginn des Kalenderjahres, das dem Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen folgt, von sich aus zur Sollversteuerung übergehen muss. Eines gesonderten Verwaltungsaktes, in dem der Widerruf ausgesprochen wird, bedarf es deshalb nicht.
Eine bereits erteilte Genehmigung ist insbesondere bei einer missbräuchlichen Inanspruchnahme zu widerrufen. Für den Widerruf der erteilten Genehmigung gelten die verfahrensrechtlichen Vorschriften (§§ 130, 131 AO). Danach muss der Widerruf innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem das Finanzamt Kenntnis von den Tatsachen erhalten hat, die den Widerruf rechtfertigen (§§ 131 Abs. 2 Satz 2 und 130 Abs. 3 Satz 1 AO).
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Normenkette
UStG § 20