Leitsatz
Ein Fehler hinsichtlich des Verfahrens, der Zuständigkeit und der Form führt auch im Gewerbesteuermessbetragsverfahren nicht zwingend zu einer Aufhebung des Verwaltungsakts, wenn in der Sache keine andere Entscheidung möglich gewesen wäre.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, wurde im Jahr 2002 in das Handelsregister eingetragen. Als Sitz wurde eine Anschrift in der Gemeinde S eingetragen. Unter dieser Adresse, einem Wohnhaus des Gesellschafters, waren noch weitere Gesellschaften des Gesellschafters gemeldet. Die Klägerin wurde in den Streitjahren beim zuständigen Finanzamt veranlagt. Da es zu Zweifeln an dem Bestehen eines Betriebssitzes in S kam, erfolgte eine Steuerfahndungsprüfung. In dem Bericht kam das Finanzamt zu der Ansicht, dass in S kein Geschäftsbetrieb stattgefunden habe. Tatsächlich habe dieser in M (München) stattgefunden, wo der Hebesatz zur Gewerbesteuer um 200 Prozentpunkte über dem von S lag. Ab 2010 sei der Geschäftssitz dann in der Gemeinde P gewesen. Das beklagte Finanzamt erließ daraufhin im Mai 2013 geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und benannte M sowie ab 2010 P als hebeberechtigte Gemeinde. Die Stadt M erließ auf dieser Grundlage geänderte Gewerbesteuerbescheide. Gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag legte die Klägerin Einspruch und später Klage ein. Sie brachte hierbei im Wesentlichen Argumente verfahrensrechtlicher Natur vor. Insgesamt seien die geänderten Bescheide hierbei aufgrund eines Bekanntgabemangels als nichtig in jedem Fall aber rechtswidrig anzusehen.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies jedoch die Klage als unbegründet ab. Eine Nichtigkeit wegen eines Bekanntgabemangels konnte das Finanzgericht nicht erkennen. Insbesondere sei der Inhaltsadressat des Verwaltungsakts hinreichend bestimmt gewesen. Dem sei hier hinreichend Rechnung getragen worden. Auch andere schwerwiegende Fehler, die zu einer Nichtigkeit führen könnten, seien hier nicht ersichtlich. Sofern der Kläger die Aufhebung der Bescheide wegen einer rechtsfehlerhaften Benennung der Gemeinden M und P begehrt, greift dies ebenfalls nicht durch. Hierbei kann offen bleibe, ob bei der Benennung tatsächlich ein Fehler unterlaufen ist, da dieser gemäß § 127 AO nicht zu einer Aufhebung des Verwaltungsakts führt. Hierbei vertritt das Finanzgericht entgegen Stimmen in der Literatur die Auffassung, dass diese Regelung auch auf das Verfahren über den Gewerbesteuermessbetragsbescheid Anwendung findet. Da hinsichtlich des Erlasses des Gewerbesteuermessbetragsbescheides keine abweichende Entscheidung möglich war, würde selbst ein Fehler in der Benennung der Gemeinden nicht zu einem Anspruch auf Aufhebung des Bescheides führen.
Hinweis
Die Entscheidung führt verschiedene Aspekte aus dem Bereich der Veranlagung der Gewerbesteuer vor Augen. In der Sache scheint sie dabei zutreffend zu sein. Strittig war hier offensichtlich, ob das Gewerbe tatsächlich in einem Wohnhaus des Gesellschafters der KG war oder nicht eher in der Gemeinde M (offensichtlich München), wo der Hebesatz zur Gewerbesteuer erheblich höher war. Zu dieser Auffassung kam die Finanzverwaltung und erließ dementsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide, in denen sodann M (und später die Gemeinde P) als hebeberechtigte Gemeinden benannt wurden. Es ergingen dann auch geänderte Gewerbesteuerbescheide. Wichtig ist zunächst, dass der Vertreter der Klägerin zutreffend gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag Einspruch eingelegt hat, da dieser der Grundlagenbescheid zur Gewerbesteuer ist (vgl. § 351 Abs. 2 AO). Gegen den Gewerbesteuerbescheid Einspruch einzulegen ist ein Fehler, der tunlichst vermieden werden sollte. Das Vorbringen des Vertreters der Klägerin zur Nichtigkeit wegen eines Bekanntgabefehlers erscheint allerdings relativ hilflos und ist wohl der Tatsache geschuldet, dass gegen die Feststellungen des Finanzamts wenig vorzubringen war. Letztlich gilt dies auch für einen Fehler hinsichtlich der Benennung der hebeberechtigten Gemeinden im angefochtenen Bescheid. Auf die Frage, ob die zutreffenden Gemeinden benannt seien, kommt es hierbei nach der zutreffenden Ansicht des Finanzgerichts nicht an, da in der Sache keine andere Entscheidung möglich ist. Insofern greift das Finanzgericht auf die Regelung des § 127 AO zurück, der nach der Ansicht des Gerichts auch im Verfahren über den Gewerbesteuermessbetragsbescheid gilt. Ein reiner Formfehler führt nicht zu einer Aufhebung des Bescheides, wenn keine andere Entscheidung denkbar ist. Dies war hier der Fall. Im Übrigen weist das Finanzgericht auch darauf hin, dass kein Anspruch auf eine Änderung der nachrichttlichen Mitteilung der hebeberechtigten Gemeinde besteht.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 14.09.2017, 13 K 3144/15