Zum gewöhnlichen Aufenthalt gehört neben dem tatsächlichen Aufenthalt, dass Umstände objektiv erkennen lassen, dass der Aufenthalt andauernd und nicht nur vorübergehender Natur ist. Dies erfordert keine ununterbrochene Anwesenheit, sondern ist i.S.v. nicht nur vorübergehend zu verstehen (BFH v. 30.8.1989 – I R 215/85, BStBl. II 1989, 956). Bei Unterbrechungen der Anwesenheit kommt es darauf an, ob noch ein einheitlicher Aufenthalt oder mehrere getrennte Aufenthalte anzunehmen sind. Ein einheitlicher Aufenthalt ist gegeben, wenn der Aufenthalt nach den Verhältnissen fortgesetzt werden sollte und die Unterbrechung nur kurzfristig ist. Als kurzfristige Unterbrechung kommen in Betracht Familienheimfahrten, Jahresurlaub, längerer Heimatsurlaub, Kur und Erholung, aber auch geschäftliche Reisen. Der Tatbestand des gewöhnlichen Aufenthalts kann bei einem weniger als 6 Monate dauernden Aufenthalt verwirklicht werden, wenn Inlandsaufenthalte nacheinander folgen, die sachlich miteinander verbunden sind, und der Steuerpflichtige von vornherein beabsichtigt, nicht nur vorübergehend im Inland zu verweilen (BFH v. 27.7.1962 – VI 156/59 U, BStBl. II 1962, 428; v. 3.8.1977 – I R 210/75, BStBl. II 1978, 118; AEAO zu § 9, Ziff. 1).
Kurzfristige Unterbrechungen sind somit unschädlich. Aus der Aufenthaltsfiktion in § 9 S. 2 AO, die einen Aufenthalt mit einer Dauer von über 6 Monaten betrifft, ergibt sich, dass auch ein Aufenthalt, der weniger als 6 Monate andauert, zumindest ausnahmsweise einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen kann. Es kommt entscheidend darauf an, ob ursprünglich ein länger als 6 Monate dauernder Aufenthalt im Inland geplant war. Daraus folgt, dass beispielsweise die Einreise zur Erfüllung eines Arbeitsvertrages über ein Jahr einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, auch wenn die Ausreise bereits nach wenigen Monaten erfolgt (BFH v. 3.8.1977 – I R 210/75, BStBl. II 1978, 118).
Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland für Ausländer ist folglich daran gebunden, dass der Aufenthalt rechtmäßig und nicht von Anfang an auf Beendigung angelegt ist. Dies ist gegeben, wenn ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel nach den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen für die Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Für ausländische Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der EU/EWR und der Schweiz ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland in der Regel aufgrund der Freizügigkeitsbestimmungen vergleichsweise leicht zu begründen.