[Ohne Titel]
StB Dipl.-Fw. Karl-Heinz Günther
Der Bundesrat hat am 16.12.2022 dem vom Bundestag am 2.12.2022 verabschiedeten Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022 v. 16.12.2022, BGBl. I 2022, 2294, verkündet am 20.12.2022) zugestimmt (BR-Beschluss v. 16.12.2022, Drucks. 627/22).
Verfahrensrechtlich ergeben sich insb. folgende wesentliche Änderungen:
1. Steuergeheimnis
In § 31a Abs. 1 S. 2 AO wird nun die bislang offene Rechtsfrage gesetzlich geregelt, dass die Finanzbehörden Daten im Zusammenhang mit auf Grund der Covid19-Pandemie zu Unrecht erlangten Leistungen aus öffentlichen Mitteln in den Fällen von § 31a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb oder Nr. 2 AO auch für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln offenbaren dürfen. Diese Berechtigung besteht jedoch nicht für Bußgeldverfahren.
Diese unmittelbare Offenbarung ermöglicht es, dass den für die Durchführung eines Strafverfahrens zuständigen Stellen auch solche, für das Strafverfahren relevante Daten offenbart werden dürfen, die – aus welchem Grund auch immer – nur bei den Finanzbehörden, nicht aber bei den Bewilligungsstellen vorliegen. Die Offenbarung nach dem neuen Satz 2 erfolgt allerdings nicht von Amts wegen, sondern nur nach einem entsprechenden Ersuchen der für das jeweilige Strafverfahren zuständigen Stelle.
Die Neuregelung gilt ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes.
2. Klageverfahren nach § 32i AO
Für Klageverfahren nach § 32i Abs. 2 AO ist nach § 32i Abs. 5 S. 2 AO das FG örtlich zuständig, in dessen Bezirk die beklagte Finanzbehörde ihren Sitz oder der beklagte Auftragsverarbeiter seinen Sitz hat. Befindet sich der Sitz einer Finanzbehörde außerhalb ihres Bezirks, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit des FG nach § 38 Abs. 3 FGO abweichend von § 38 Abs. 1 FGO nach der Lage des Bezirks, nicht nach dem Sitz der Finanzbehörde. Diese Regelung gilt künftig nicht nur Klageverfahren nach der FGO, sondern auch für Klageverfahren nach § 32i Abs. 2 AO. Die Regelung ist auf alle nach dem Tag der Verkündung des Gesetzes anhängig gewordene Klagen anzuwenden.
3. Öffentliche Bekanntgabe
In § 122 Abs. 5 S. 2 und S. 4 AO wird klargestellt, dass die Finanzbehörden Steuerverwaltungsakte auch durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf einer Internetseite der Finanzverwaltung oder in ihrem elektronischen Portal öffentlich zustellen können. Die Regelung gilt ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes.
4. Direkter Zahlungsweg für öffentliche Leistungen
§ 139b AO enthält nun eine Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer. Hierdurch soll eine bürokratiearme und zugleich betrugssichere Möglichkeit entstehen, künftige öffentliche Leistungen (wie z.B. das Klimageld) auf Grundlage der in der IdNr-Datenbank enthaltenen Daten direkt auszuzahlen. Die in der IdNr-Datenbank gespeicherte IBAN soll dabei einer engen Zweckbindung unterliegen. Die Neuregelung gilt nach Bekanntgabe der technischen Umsetzung.
5. Elektronische Übermittlung von Steuerdaten
§ 150 Abs. 7 S. 2 AO liegt die Annahme zugrunde, dass alle Daten eines Steuerpflichtigen, die von einem Dritten nach Maßgabe des § 93c AO elektronisch an die Finanzbehörden übermittelt werden, auch "kennziffergenau" mit der Steuererklärung abgeglichen und bei unterlassener Deklaration im Rahmen der Steuerfestsetzung von Amts wegen vollständig automationsgestützt berücksichtigt werden können (z.B. Daten aus der Lohnsteuerbescheinigung oder der Rentenbezugsmitteilung).
Mittlerweile werden zunehmend aber auch solche Daten von Dritten elektronisch nach Maßgabe des § 93c AO an die Finanzverwaltung übermittelt, die im Erklärungsformular nicht "verkennziffert" abgefragt werden. Solche Daten werden nicht "kennziffergenau" und eigenständig in der Steuererklärung abgefragt, sondern werden bei Ermittlung des Gewinns, der Überschusseinkünfte oder anderer Besteuerungsgrundlagen untergeordnet berücksichtigt. Sie können daher weder automationsgestützt abgeglichen noch bei unterlassener Deklaration automationsgestützt beigestellt werden.
Vor diesem Hintergrund wird der Anwendungsbereich des § 150 Abs. 7 S. 2 AO daher auf solche elektronisch den Finanzbehörden von Dritten übermittelten Daten beschränkt, die im amtlichen Steuererklärungsformular ausdrücklich als "e-Daten" i.S.d. § 150 Abs. 7 S. 2 AO gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen (elektronische Steuererklärungen) für den Belegabruf (Vorausausgefüllte Steuererklärung) bereitgestellt werden.
§ 150 Abs. 7 S. 2 AO ist in seiner Neufassung erstmals auf Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem Tag der Gesetzesverkündung abgegeben werden.
6. Elektronische Übermittlung von Zerlegungsbescheiden
Im Gleichklang zu § 184 Abs. 3 S. 2 AO wird nun in § 188 Abs. 1 S. 2 AO gesetzlich geregelt, dass nicht nur die Inhalte des Steuermessbescheids, sondern auch die Bescheide über die Zerlegung des Steuermessbetrags den Gemeinden ausschließlich elektronis...