Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, Leistungen zur Altersversorgung aufgrund einer Direktzusage bereits vor dem Erreichen der in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG vorgesehenen Altersgrenzen als Versorgungsbezüge anzusehen.
Normenkette
§§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 und Halbsatz 2, 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b EStG, § 52 BBG, Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG
Sachverhalt
K vollendete 2007 das 60. Lebensjahr und bezog seitdem neben einer gesetzlichen Rente auch Altersbezüge aus einer Arbeitgeber-Direktzusage. Den Bezug aus der Direktzusage wollte K als Versorgungsbezug behandelt wissen, begehrte also den Versorgungsfreibetrag, den Zuschlag dazu sowie einen Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 102 EUR, weil auch die Abzugsbeträge bei beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen nicht von dem Erreichen eines bestimmten Alters abhängig seien. Das FA lehnte dies ab. Ks dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Münster, Urteil vom 11.2.2011, 14 K 787/09 E, Haufe-Index 2666513, EFG 2011, 869).
Entscheidung
Der BFH bestätigte, wie unter den Praxis-Hinweisen erläutert, die Entscheidung der Vorinstanz und wies die auf verfassungsrechtlichen Einwendungen gestützte Revision des K zurück.
Hinweis
Im Besprechungsurteil hier wie auch im nachfolgenden Urteil (VI R 83/10) begehrten die Kläger jeweils eine für sie günstigere Rechtslage in Bezug auf die Besteuerung ihrer Alterseinkünfte. Während im Fall VI R 83/10 der Kläger seine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge gerne wie Sozialversicherungsrenten besteuert hätte (nur mit Ertrags-/Besteuerungsanteil), will der Kläger hier für seine private Rente auch schon den Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag. Allerdings hatte er die gesetzliche Altersgrenze von 63 Jahren noch nicht erreicht. Daran knüpft sein verfassungsrechtlicher Einwand. Denn die Altersgrenze gilt nur für private Renten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG), nicht aber für die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG). K sieht daher einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Der Lohnsteuersenat sah am Maßstab der Grundsätze zu Art. 3 Abs. 1 GG und der für das Steuerrecht dazu entwickelten Leitlinien des BVerfG (z.B. Arbeitszimmerentscheidung, BVerfG, Beschluss vom 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BFH/NV 2010, 1767, m.w.N.) in der Altersgrenze keine verfassungswidrige Benachteiligung für im privaten Dienst gewährte Versorgungsbezüge. Er führt dazu an, dass bei den Beamten die Besteuerung der zur Grundversorgung dienenden Pensionen betroffen ist, dass dagegen in Fällen der betrieblichen Renten diese regelmäßig nur ergänzend als Zusatzversorgung hinzutreten (sog. Drei-Schichten-Modell). Entscheidend ist aber insbesondere, dass bei Versorgungsbezügen privater Unternehmen nur durch eine gesetzliche Altersgrenze zu gewährleisten ist, dass die Bezüge tatsächlich ausschließlich der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter dienen; bei Privatrenten ist dies letztlich frei verhandelbar, bei Beamten dagegen gesetzlich geregelt. Im Hinblick auf die für K geltende Altersgrenze von 63 Jahren stützt sich der BFH auf die vom Gesetzgeber im Rahmen der Neuordnung der Altersbezüge herangezogenen Versorgungsberichte, wonach ein zunehmend höheres Eintrittsalter in den Ruhestand festzustellen sei und mittlerweile 86 % der Neupensionäre bei Eintritt in den Ruhestand 65 Jahre alt sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.2.2013 – VI R 12/11