Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Der einem Arbeitnehmer tarifvertraglich zustehende Anteil am Trinkgeldaufkommen fällt unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 51 EStG. Die unbegrenzte Steuerfreistellung ist jedoch im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG bedenklich.
Sachverhalt
Der Kläger, ein Angestellter der Spielbank, erhielt neben seinem festen Gehalt einen tarifvertraglich zugesicherten Anteil am Trinkgeldaufkommen. Dieser Trinkgeldanteil stand dem Kläger auch im Krankheitsfall bis zum 42. Tag zu. Im Streitjahr 2004 wurde das Trinkgeld als Arbeitslohn versteuert. Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 51 EStG wurde nicht gewährt. Der gegen die Steuerfestsetzung gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt. Die Trinkgeldauszahlung an den Kläger ist steuerfreier Arbeitslohn gemäß § 3 Nr. 51 EStG. Dass der Kläger einen tarifvertraglichen Anspruch auf die Zahlung hat, beeinflusst den Trinkgeldcharakter nicht, denn das gesamte Trinkgeldaufkommen setzt sich aus freiwilligen Zahlungen der Spielbankbesucher zusammen. Es bestehen jedoch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unbegrenzte Steuerfreistellung von Trinkgeldern.
Hinweis
Das Urteil des FG ist nicht rechtskräftig (Az BFH VI R 49/06). Ob die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 51 EStG auf den Streitfall anzuwenden ist, wird nunmehr höchstrichterlich geprüft. Die steuerliche Beurteilung der Zahlungen aus dem Trinkgeldaufkommen muss unter besonderer Berücksichtigung des zugrunde liegenden Tarifvertrags erfolgen. Da den Arbeitnehmern auch im Krankheitsfall ein Anteil am Trinkgeldaufkommen zusteht, erscheint der Trinkgeldcharakter der Zahlungen zweifelhaft.
Arbeitnehmer, die Trinkgelder erhalten und diese versteuern müssen, sollten ihre Steuerfestsetzungen bis zur Entscheidung des BFH offen halten. Bei den vertraglichen Vereinbarungen ist darauf zu achten, dass es sich bei solchen Zahlungen stets um freiwillige Zahlungen von dritter Seite handelt, auf die der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch hat.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 12.06.2006, 9 K 9093/06