Leitsatz
Behauptet der Kläger die verspätete Zustellung eines Steuerbescheids, muss er den Anscheinsbeweis des rechtzeitigen Zugangs entkräften.
Sachverhalt
Der Kläger gab für 2001 und 2002 keine Umsatzsteuererklärungen ab, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Die Bescheide datierten dabei vom 24.6.2004. Gegen die Bescheide legte der Kläger am 30.7.2004 Einspruch ein. Auf den Hinweis des Finanzamts zum Ablauf der Einspruchsfrist führt er aus, die Umsatzsteuerbescheide seinen ihm erst am 8.7.2004 zugestellt worden. Dies sei aus dem Eingangsstempel ersichtlich. Das Finanzamt habe die rechtzeitige Zustellung nachzuweisen. Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass der Zugang tatsächlich erst am 8.7.2004 erfolgt sei. Allein der abweichende Eingangsvermerk sei nicht ausreichend, um den Anschein des rechtzeitigen Zugangs zu entkräften. Der Kläger erhob Klage und bot zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung an.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Es ging davon aus, dass die Postaufgabe am 24.6.2004 durch das Rechenzentrum der Finanzverwaltung erfolgt ist. In diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Zugangsvermutung nach § 122 Abs. 2 AO gilt, also der Zugang innerhalb von 3 Tagen erfolgt ist. Will der Steuerpflichtige diese Zugangsvermutung erschüttern, ist er beweispflichtig. Hierzu hätte er insbesondere den Briefumschlag dem Gericht vorlegen müssen. Auch ist nicht nachvollziehbar, weswegen der Kläger bei einem behaupteten Zugang am 8.7.2004 nicht sofort Kontakt mit dem Finanzamt aufgenommen, sondern noch weitere 2 Wochen gewartet hat.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft einen Teilaspekt der Zugangsvermutung nach § 122 AO. Sie ist dazu angetan insbesondere die Beweislastverteilung bei einer behaupteten Verspätung des Zugangs vor Augen zu führen. Nach § 122 Abs. 2 AO trägt grundsätzlich die Finanzverwaltung die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang von Verwaltungsakten. Allerdings kann nach dem Wortlaut des § 122 Abs. 2 AO grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Zugang innerhalb der Frist von 3 Tagen erfolgt ist. Nur wenn Zweifel hieran bestehen, ist die Finanzverwaltung für den tatsächlichen Zugangszeitpunkt beweispflichtig. Hier wies die Finanzverwaltung den ordnungsgemäßen Ablauf der Versendung durch das Rechenzentrum nach, so dass es an dem Kläger gewesen wäre, die Beweiskraft des regelmäßigen Geschehensablaufes zu erschüttern. Allerdings erscheint nicht eindeutig, warum das Finanzgericht auf das Angebot einer eidesstattlichen Versicherung mit keinem Wort eingegangen ist. Ein substantiiertes Vorbringen, welches die Beweiskraft erschüttert hätte, wäre etwa die Einreichung des Briefumschlags gewesen. Insofern ist es in Zweifelsfällen angezeigt, diesen aufzubewahren . Allerdings stellt sich natürlich primär die Frage, warum sich der Kläger hier nicht sofort an das Finanzamt gewandt hat, wenn er wirklich nicht um Urlaub war . Festzuhalten bleibt damit, dass ein Steuerpflichtiger, bei dem ein Verwaltungsakt tatsächlich später zugeht, umgehenden Kontakt mit dem Finanzamt aufnehmen sollte. Sofern dies nicht möglich oder nicht gewollt ist, ist eine angemessene Beweisvorsorge seitens des Steuerpflichtigen unerlässlich, damit der Anschein des rechtzeitigen Zugangs des Verwaltungsakts erschüttert werden kann. Anders ist dies im Fall des Bestreitens des Zugangs schlechthin .
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 02.08.2006, 5 K 2791/05 U