Zur Einführung eines Verhaltenskodex und der verbindlichen Geltung entsprechender Compliance-Regeln gegenüber den Arbeitnehmern bieten sich dem Unternehmen verschiedene Wege an. Dabei ist grundsätzlich zwischen einem einseitigen arbeitgeberseitigen Vorgehen und zweiseitigen Vereinbarungen zu entscheiden, wobei als Vertragspartner insbesondere der individuelle Arbeitnehmer oder der Betriebsrat in Betracht kommen. Denkbar sind auch Vereinbarungen mit der zuständigen Gewerkschaft.
In der Praxis werden im Wesentlichen 3 Instrumentarien gewählt:
- Weisungen in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechtes,
- einzelvertragliche Vereinbarungen oder
- Betriebsvereinbarungen.
3.1 Ausübung des Direktionsrechts
Ein Verhaltenskodex kann unter Umständen kraft Direktionsrecht eingeführt werden. Das Direktionsrecht ermöglicht es dem Arbeitgeber, nach billigem Ermessen Anordnungen zu Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung zu treffen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Neue Verpflichtungen können durch Anwendung des Direktionsrechts nicht geschaffen werden. Es können aber bereits bestehende gesetzliche oder vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten konkretisiert werden.
Bei Einführung des Verhaltenskodex im Wege des Direktionsrechts sind Zugang und Kenntnisnahme des Kodex bei den Mitarbeitern sicherzustellen und – nach Möglichkeit – nachzuweisen (z. B. durch schriftliche Bestätigung der Kenntnisnahme oder im Rahmen eines Policy Management Systems). Bloßes Zugänglichmachen, etwa über Fundstellenhinweise per E-Mail oder Intranet ist in diesem Zusammenhang eine schwächere Lösung und wird von Arbeitsgerichten als nicht ausreichend eingestuft.
Größter Vorteil einer einseitigen Implementierung mittels Direktionsrecht ist somit, dass hierfür lediglich eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers erforderlich ist. Zudem können Weisungen und Konkretisierungen im Rahmen des Direktionsrechts jederzeit geändert oder aktualisiert werden, wodurch eine Flexibilität gewahrt bleibt. Nachteile können ggf. in einer schwächeren Akzeptanz oder in einer mangelnden Kenntnisnahme durch die Arbeitnehmer liegen.
3.2 Einzelvertragliche Vereinbarungen
Eine weitere Möglichkeit der Einführung eines Verhaltenskodex ist die einzelvertragliche Vereinbarung mit jedem einzelnen Mitarbeiter. Dies kommt vor allem in Betracht, wenn die Vertragspflichten des Arbeitnehmers durch die Regelungen erweitert oder grundsätzlich geändert werden. Da hierfür die Mitwirkung eines jeden Mitarbeiters erforderlich ist, stellt diese Lösung – insbesondere ab einer bestimmten Mitarbeiteranzahl – für den Arbeitgeber oftmals eine große Hürde dar. Auch in Bezug auf spätere Änderungen/Anpassungen erweist sich dieser Weg als sehr unflexibel. Zudem ist die Einführung von Standards und Vorgaben unternehmenseinheitlich umzusetzen und sollte nicht mit jedem Mitarbeiter individuell abgestimmt werden müssen.
3.3 Betriebsvereinbarung
Besteht in einem Unternehmen ein Betriebsrat, empfiehlt sich zumeist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Einführung des Verhaltenskodex.. Da ein erheblicher Teil von typischerweise in Verhaltenskodizes enthaltenen Regelungen mitbestimmungspflichtig ist, wird eine Regelung durch Betriebsvereinbarung regelmäßig erforderlich sein. Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend für alle Arbeitnehmer im Betrieb (nicht jedoch für Geschäftsführer, Vorstände und leitende Angestellte). Spätere Änderungen/Anpassungen können durch Vereinbarung mit dem Betriebsrat umgesetzt werden.
Beteiligung des Betriebsrats steigert die Akzeptanz der Belegschaft
Ein von der betrieblichen Arbeitnehmervertretung mit erarbeiteter und unterstützter Verhaltenskodex wird in der Belegschaft regelmäßig auf mehr Akzeptanz stoßen und so die Chance erhöhen, dass die Vorgaben des Verhaltenskodex auch tatsächlich gelebt werden.
Es ist stets im Einzelfall nach sorgfältiger Analyse der zu erlassenden Regelungen und unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse zu entscheiden, welcher Umsetzungsweg gewählt wird. Alle Umsetzungsinstrumentarien bieten Vor- und Nachteile und unterliegen unterschiedlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen.