Über § 181 Abs. 1 S. 1 AO kommt der Feststellungsverjährung eigenständiger Regelungszweck zu. In seinem Urteil v. 13.7.1999 (BFH v. 13.7.1999 – VIII R 76/97, BFHE 189, 309) hat der BFH in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass zwischen der sinngemäßen Anwendung des § 181 Abs. 5 S. 1 AO in mehrstöckigen Feststellungsverfahren und der wörtlichen Anwendung in einfachen Feststellungsverfahren eine Gleichstellung festzustellen ist. Diese Gleichstellung entspricht dem Zweck des § 181 Abs. 5 S. 1 AO. Die gesonderte Feststellung auf der ersten Stufe hat bei einem mehrstöckigen Feststellungsverfahren für die Feststellung auf der zweiten Stufe die gleiche dienende Funktion wie bei einem einfachen Feststellungsverfahren die Feststellung für die Steuerfestsetzung.
Vertritt man eine anderweitige Auffassung, wird das Instrument der Feststellungsverjährung in der AO m.E. nahezu obsolet. Die Berechnung einer Feststellungsfrist und die Würdigung einer Feststellungsverjährung erübrigen sich in diesem Fall für den Rechtsanwender, vielmehr wäre ausschließlich die Festsetzungsverjährung an oberster Stelle zu prüfen. Ist die Festsetzung nicht verjährt, kann bei den Untergesellschaften aus Verjährungssicht insoweit beliebig geändert werden, gleichgültig wie viele Stufen folgen und welche steuerlichen Folgen auf den jeweiligen Stufen eintreten. Einziger Zweck der Feststellungsverjährung wäre nach dieser Auffassung die potentielle Auslösung einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 S. 1 AO, wenn die Steuerfestsetzung an oberster Stelle verjährt ist.
Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch nicht, dass der Feststellungsverjährung über § 181 Abs. 1 S. 1 AO eigener Regelungszweck zukommt. Zwar erlaubt Abs. 5 S. 1 der Vorschrift einen Durchbruch der Verjährung zugunsten der Rechtsrichtigkeit, jedoch m.E. nur mit der Maßgabe, auf die Verjährung der nächsten Stufe abzustellen.
Beraterhinweis Soll ein erstmaliger oder geänderter Feststellungsbescheid, für den bereits Feststellungsverjährung eingetreten ist, Einfluss in einen weiteren Feststellungsbescheid als Folgebescheid finden, kommt der Prüfung des § 181 Abs. 5 S. 1 AO erhöhte Bedeutung zu. Ist auch Feststellungsverjährung auf der zweiten Stufe eingetreten, ist der Anwendungsbereich des § 181 Abs. 5 S. 1 AO für die gesonderte Feststellung auf der ersten Stufe m.E. nicht eröffnet. Der BFH lässt mit Urteil v. 13.7.1999 (BFH v. 13.7.1999 – VIII R 76/97, BFHE 189, 309) nicht zu, dass eine nicht verjährte Steuerfestsetzung auf letzter Stufe im mehrstufigen Feststellungsverfahren für die Anwendung des § 181 Abs. 5 S. 1 AO bei der gesonderten Feststellung auf der ersten Stufe ausreicht. Beruft sich das FA bei eingetretener Verjährung auf der ersten Stufe auf diese Vorschrift, bietet das Rechtsbehelfsverfahren maximalen Rechtsschutz.