Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Im Jahr der Entstehung
- nicht ausgeglichene Verluste,
- nicht in das Vorjahr zurückgetragene Verluste sowie
- nicht abgezogene verbleibende Verlustvorträge aus vorangegangenen VZ
werden in den folgenden VZ vorgetragen. Der Verlustvortrag erfolgt von Amts wegen. Es können grundsätzlich alle Verluste ohne Rücksicht auf die Einkunftsart verrechnet werden. Ausnahmen davon gelten nur für Einkunftsarten, die besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen unterliegen. Die Abzugsbeträge werden vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen vom GdE des folgenden VZ abgezogen. Der in einem VZ nicht ausgenutzte, das Existenzminimum eines Jahres abdeckende Grundfreibetrag erhöht nicht den Verlustvortrag. Der Verlustvortrag (ggf. mit der Folge der Verrechnung) erfolgt daher auch in VZ, in denen die positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen (ggf. nach Ausgleich mit Verlusten oder negativen Einkünften des nämlichen VZ) den Grundfreibetrag nicht übersteigen. Ein Verzicht oder eine Beschränkung auf Antrag ist nicht möglich. Der am Schluss eines VZ verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen. Der Verlustvortrag ist zeitlich nicht begrenzt.
5.1 Höchstbetragsregelung
5.1.1 Regelung
Für den Verlustvortrag gilt eine Höchstbetragsregelung mit zeitlicher Streckung. Bis zu einem GdE von 1 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung 2 Mio. EUR) ist der Verlustvortrag unbegrenzt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. EUR (2 Mio. EUR) übersteigenden GdE vorzunehmen. Da der verbleibende Verlustvortrag in jedem VZ neu festgestellt wird, gilt die Begrenzung der Höhe nach auch für Verlustvorträge aus VZ vor Einführung dieser Höchstbetragsregelung, also vor 2004.
5.1.2 Mindestbesteuerung
Diese sog. Mindestbesteuerung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, solange der Verlustausgleich nicht versagt, also nicht endgültig ausgeschlossen ist, sondern lediglich zeitlich gestreckt wird. Eine Verlagerung des Verlustausgleichs auf spätere VZ ist im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass das Grundrecht seine Wirkung grundsätzlich VZ-übergreifend entfaltet. Es genügt, wenn die Verluste überhaupt, sei es auch in einem anderen VZ, steuerlich berücksichtigt werden. Die abstrakte Möglichkeit, dass in späteren VZ Ereignisse eintreten, die im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung der Regelungen zur sog. Mindestbesteuerung auf den VZ zurückwirken könnten, führt nicht zu einer Ungewissheit i. S. d. § 165 Abs. 1 Satz 1 AO darüber, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer in diesem VZ überhaupt eingetreten sind. Ein allgemeiner Vorläufigkeitsvermerk ist daher nicht möglich. So kann die Regelung auch nicht in eine Allgemeinverfügung der Finanzverwaltung aufgenommen werden. Ggf. muss ein betroffener Steuerpflichtiger den jeweiligen Steuer- bzw. Feststellungsbescheid selbst anfechten. Die Finanzverwaltung gewährt in einschlägigen Fällen Aussetzung der Vollziehung.
Mindestbesteuerung bei Insolvenz
Beim BFH ist die Frage anhängig, ob nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten des gesamten Liquidationszeitraums ohne die Anwendung der Mindestbesteuerungsregelung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG zu erfolgen hat. Es geht in dem Fall um ein mehrjähriges Insolvenzverfahren und die Frage der Auswirkung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals des Definitiveffekts.