OFD München, Verfügung v. 11.07.2005, S 2253 - 86 St 41
Im Urteil vom 6.10.2004, BStBl 2005 II S. 386 hatte der BFH zur Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht bei Vermietung einer Wohnung in einem aufwändig gestalteten Wohngebäude zu entscheiden. Er stellte dabei folgende Leitsätze auf:
- Wird eine Wohnung verbilligt vermietet und kommt es deswegen zu einer Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil, so muss die Einkunftserzielungsabsicht in Bezug auf den entgeltlichen Teil geprüft werden, wenn die typisierende Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass eine langfristige Vermietung in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt.
- Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn bei einer Wohnung in einem aufwändig gestalteten oder ausgestatteten Wohngebäude die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt. Ob ein Gebäude besonders gestaltet oder ausgestattet ist, richtet sich nach denselben Kriterien, die für den Ansatz der Kostenmiete bei selbst genutztem Wohnraum entwickelt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.1993, BStBl 1995 II S. 98).
Im Ergebnis hat der BFH damit die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung bestätigt, lediglich die Vorgehensweise bei der Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht (Zweistufenprüfung) wurde neu festgelegt. Systematisch ist wie folgt zu differenzieren:
1. Miete beträgt weniger als 50 bzw. 56 % der Marktmiete
Die Besonderheit im Urteilsfall war, dass die in dem aufwändig gestalteten Gebäude befindliche Wohnung zu weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete überlassen wurde. Der BFH sah in dieser Fallgestaltung einen Fall des § 21 Abs. 2 EStG.
Prüfstufe 1:
Die Nutzungsüberlassung ist in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Der unentgeltliche Teil der Überlassung ist für die Frage der Einkunftserzielung irrelevant, die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind von vornherein steuerlich nicht abziehbar.
Prüfstufe 2:
In einem zweiten Schritt ist hinsichtlich des entgeltlich überlassenen Teils der Vermietung – wegen der nicht angemessenen Widerspiegelung des Wohnwerts durch die Marktmiete aufgrund der aufwändigen Gestaltung bzw. Ausstattung der Wohnung – die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht veranlasst. Als Kriterien für einen derartigen Ausnahmefall hat der BFH zum Beispiel eine Wohnfläche von mehr als 250 qm oder das Vorhandensein einer Schwimmhalle angenommen.
Die Prüfung ist anhand eines 30-jährigen Prognosezeitraums vorzunehmen, wobei nur die prozentual auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallenden Aufwendungen einzubeziehen sind (vgl. 2d) der Urteilsgründe). Nur im Falle eines (positiven) Totalüberschusses ist von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen, im Falle eines negativen Ergebnisses sind auch die auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallenden Aufwendungen steuerlich nicht abziehbar.
2. Miete liegt zwischen 56 und 75 % der Marktmiete
Bei den in der Praxis auftretenden Fällen der verbilligten Vermietung wird es sich aber in der Regel nicht um Fälle des § 21 Abs. 2 EStG handeln (Vermietung zu weniger als 50 bzw. ab 2004 weniger als 56 % der Marktmiete). Häufiger wird die Miete zwischen 56 und 75 % der Marktmiete liegen. In diesen Fällen ist nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 5.11.2002 (BStBl 2003 II S. 646) die Einkunftserzielungsabsicht anhand einer Totalüberschussprognose zu prüfen. Bei der verbilligten Vermietung eines aufwändig gestalteten oder ausgestatteten Objekts ist demzufolge wiederum eine Zwei-Stufen-Prüfung vorzunehmen:
Prüfstufe 1:
Zunächst ist dabei bezogen auf den 30-jährigen Prognosezeitraum von der tatsächlichen Miete und den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen.
Ist die Prognose positiv – was wohl nur theoretisch denkbar ist –, können die Aufwendungen insgesamt abgezogen werden.
Ist die Prognose negativ, was der Regelfall sein wird, ist eine zweite Prognose nur für den entgeltlichen Anteil der Vermietung (z.B. 65 %) wegen der besonderen Ausgestaltung erforderlich:
Prüfstufe 2:
Hierbei sind die auf den unentgeltlichen Anteil der Überlassung entfallenden Aufwendungen außer Acht zu lassen.
Ist das Ergebnis dieser Prognose positiv, so können die auf den entgeltlichen Teil entfallenden Aufwendungen zum Abzug zugelassen werden; ist das Ergebnis negativ, scheidet ein Abzug der Aufwendungen insgesamt aus.
3. Miete beträgt mindestens 75 % der Marktmiete
Beträgt die Miete mindestens 75 % der Marktmiete, geht der BFH aus Vereinfachungsgründen nicht von einer verbilligten Überlassung i.S. des BFH-Urteils vom 5.11.2002 (BStBl 2003 II S. 646) aus; die Einkunftserzielungsabsicht braucht in diesen Fällen nicht wegen einer etwaigen Verbilligung eigens geprüft werden. Allerdings ist eine Prüfung wegen der besonderen Ausgestaltung des vermieteten Gebäudes vorzunehmen. Bezogen auf den 30-jährigen Prognosezeitraum ist von der tatsächlichen Miete und den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen. Bei negativem ...