Leitsatz
Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO liegt nicht vor, wenn ein Ehegatte dem anderen seine an dessen Beschäftigungsort belegene Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zu fremdüblichen Bedingungen vermietet.
Normenkette
§ 42 AO , § 9 EStG , § 21 EStG
Sachverhalt
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute und bewohnen gemeinsam die Erdgeschosswohnung eines ihnen gehörenden Zweifamilienhauses. Der Kläger ist Geschäftsführer einer GmbH in einem ca. 100 km entfernt liegenden Ort, in dem die nicht erwerbstätige Ehefrau eine Eigentumswohnung erwarb und an den Kläger vermietete. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm sie zwei u.a. durch eine Bürgschaft des Klägers gesicherte Darlehen auf; die dafür fälligen Zins- und Tilgungsleistungen wurden aus den Mitteln eines gemeinsamen Girokontos beider Eheleute erbracht, das im Wesentlichen aus dem Geschäftsführergehalt des Klägers gespeist wurde.
Im Rahmen der gemeinsamen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung der Wohnung an ihren Ehemann geltend. Der Kläger begehrte den Abzug der für die Eigentumswohnung gezahlten Mieten als Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung. Das FA berücksichtigte keine Werbungskostenüberschüsse der Klägerin aus der Vermietung der Eigentumswohnung, weil nach seiner Ansicht ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliege. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH liegt eine unangemessene Gestaltung nicht vor. Einem Ehegatten als Eigentümer einer Wohnung stehe es frei, ob er dem Partner die Wohnung, die nicht die gemeinsame Familienwohnung sei, unentgeltlich oder auf der Grundlage eines – fremdüblichen – entgeltlichen Mietvertrags überlasse (vgl. BFH, Urteil vom 14.1.2003, IX R 5/00, BFH-PR 2003, 172).
Auch bei Anschaffung der Eigentumswohnung durch den Kläger selbst hätte er die Wohnung an Dritte vermieten und eine andere Wohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung – mit der Folge der Abziehbarkeit angemessener Mietaufwendungen – anmieten können, so dass die steuerrechtlichen Folgen für die Eheleute bei möglicher Fremdfinanzierung insgesamt denjenigen im Streitfall entsprächen.
Hinweis
1. Eine missbräuchliche Gestaltung ist gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem erstrebten Ziel – unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 26.3.1996, IX R 51/92, BStBl II 1996, 443). Insbesondere dürfen auch Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig gestalten.
Unangemessen ist eine rechtliche Gestaltung erst, wenn sie nicht die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels, sondern einen ungewöhnlichen Weg wählen, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (vgl. BFH, Urteil vom 19.2.2002, IX R 32/98, BFH-PR 2002, 385).
Im Übrigen dürften Ehegatten in gleichberechtigter Partnerschaft über ihre wirtschaftliche Lebensführung und damit auch darüber frei bestimmen, in welcher Weise sie in die Eigentumswohnung investierten.
2. Die Rechtsprechung des BFH zur umsatzsteuerrechtlich missbräuchlichen Vorschaltung der Ehefrau in Erwerbsvorgänge (BFH, Urteil vom 16.3.2000, V R 9/99, BFH/NV 2000, 1254) sei im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar, weil hier anders in den Vorschaltfällen die gewünschte steuerrechtliche Wirkung auch ohne die Zwischenschaltung des Ehegatten (bei Erwerb der Eigentumswohnung durch den Kläger und deren Fremdvermietung sowie einer Anmietung einer anderen Wohnung für Zwecke der doppelten Haushaltsführung) erreichbar wäre.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.3.2003, IX R 55/01