OFD Hannover, Verfügung v. 7.11.2003, S 7168 - 74 - StO 353/S 7168 - 145 - StH 445
1. Mehrere Finanzämter haben berichtet, dass Veranstalter von Wochenmärkten ihre Umsätze unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 31.5.2001 (BStBl 2001 II S. 658) und das hierzu ergangene BMF-Schreiben vom 17.4.2003 (BStBl 2003 I S. 279) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen insgesamt steuerfrei behandeln. In dieser Sache ist ein Verfahren vor dem Hessischen Finanzgericht anhängig, über das die DMG Markgilde e.G. ihre Mitglieder in ihrer Hauszeitung „Der Wochenmarkt” informiert hat.
Hierzu wird gebeten, folgende Auffassung zu vertreten:
Die Grundsätze des o.a. BFH-Urteils gelten nicht nur für die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen, sondern auch für andere Anlagen mit vorhandenen Betriebsvorrichtungen. In Tz. 16 des o.a. BMF-Schreibens werden beispielhaft Anwendungsfälle aufgezählt. Eine einheitliche, steuerfreie Leistung liegt aber bei einer Grundstücksvermietung dann nicht vor, wenn Zusatzleistungen mit – aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers – eigenständigem wirtschaftlichem Gewicht vereinbart sind. Diese sind umsatzsteuerrechtlich separat zu behandeln (s. Tz. 17 des BMF-Schreibens).
Bei der Vermietung von Standflächen für Wochenmärkte ist dieser Sachverhalt in der Regel gegeben. So hat das BMF mit seinem o.a. Schreiben auch nur Abschnitt 86 UStR für teilweise nicht mehr anwendbar erklärt, nicht aber Abschnitt 80 Abs. 3 UStR, wonach die Überlassung von Grundstücksflächen für Wochenmärkte als gemischte Leistung anzusehen ist und das Entgelt – ggf. im Wege der Schätzung – in einen auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und einen auf die steuerpflichtige Leistung anderer Art entfallenden Teil aufzugliedern ist, (s. Abschn. 80 Abs. 1 Satz 2 UStR).
Grundsätzlich ist für die Beurteilung des Wesens der erbrachten Leistungen darauf abzustellen, was Vertragsgegenstand ist. Als wesentliche Leistungen, auf die es dem Leistungsempfänger aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers neben der Grundstücksüberlassung ankommt, kommen bei Märkten z.B. die Überlassung von Betriebsvorrichtungen, die Einholung der erforderlichen Genehmigung und Erfüllung der Auflagen, die Teilnahme an einem organisierten Markt, die Zuweisung der Flächen, die Verpflichtung zur Werbung u.Ä. in Betracht.
2. Bei der Beurteilung der Umsätze aus der Veranstaltung von Wochen-, Jahr- und Flohmärkten ist daher wie bisher nach den BFH-Urteilen vom 7.4.1960, BStBl 1960 III S. 261 und vom 25.4.1968, BStBl 1969 II S. 94 zu unterscheiden, ob es sich um reine Grundstücksvermietungen, um gemischte Verträge oder um Verträge besonderer Art handelt.
– Eine reine Grundstücksvermietung liegt z.B. vor, wenn eine Gemeinde auf einer Straße eine Grundstücksfläche zur Aufstellung einer Verkaufsbude überlässt.
– Werden Grundstücksflächen entgeltlich an Beschicker von Messen, Ausstellungen, Volksfesten und dergleichen unter Auflagen vergeben, die dazu bestimmt sind, die Anziehungskraft der Veranstaltung zu erhöhen, so sind keine Grundstücksvermietungen, sondern Leistungen auf Grund von Verträgen besonderer Art anzunehmen, die die Zurverfügungstellung einer zeitlich begrenzten Organisation und die Zulassung zur Teilnahme an der betreffenden Veranstaltung zum Inhalt haben. Bei Verträgen besonderer Art tritt die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber anderen wesentlicheren Leistungen zurück, das Vertragsverhältnis stellt ein einheitliches, unteilbares Ganzes dar. Bei einem Vertrag besonderer Art kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG weder für die gesamte Leistung noch für einen Teil der Leistung in Betracht (s. Abschn. 81 UStR).
– Die Überlassung von Grundstücksteilen auf Wochenmärkten gehört zu den gemischten Verträgen (s.o. (1.)). Soweit diese Märkte – wie es die Regel ist – als reine Verkaufsveranstaltungen durchgeführt werden, steht das Interesse, für die Dauer des Marktes eine Grundstücksfläche zu vermieten, im Vordergrund. Die Überlassung der Grundstücksteile stellt in der Regel zum größeren Teil eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung und zum kleineren Teil eine steuerpflichtige Leistung anderer Art dar. Die Marktstandgelder sind entsprechend aufzuteilen. Der BFH hielt die Aufteilung der Marktstandgelder im Verhältnis 75 % steuerfrei und 25 % steuerpflichtig in seinem Urteil vom 7.4.1960, a.a.O., für angemessen.
– Soweit Jahrmärkte als reine Verkaufsmärkte veranstaltet werden, sind sie wie Wochenmärkte zu behandeln (s. BFH-Urteil vom 7.4.1960 und vom 25.4.1968, a.a.O.). Handelt es sich bei den Jahrmärkten jedoch um Veranstaltungen, an denen zusätzlich Gaststätten-, Vergnügungs- und Schaugewerbe teilnehmen, so ist zu prüfen, ob die Veranstaltung durch die Beteiligung der genannten Gewerbe den Charakter eines Volksfestes mit seiner besonders starken Anziehungskraft auf die Bevölkerung und der dadurch gebotenen besonders günstigen Gelegenheit zur gewerblichen Betätigung annimmt. Das ist in der Regel dann der ...