OFD Frankfurt, Verfügung v. 10.11.2011, S 2253 A - 55 - St 213
Von den Gesellschaftsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte im Falle des Neueintritts eines Gesellschafters zum Zwecke der Ergebnisgleichstellung von Alt- und Neugesellschaftern
Die Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben die Frage erörtert, ob einem Steuerpflichtigen, der einer vermögensverwaltenden Gesellschaft nach dem Jahr ihres Entstehens beitritt, über seinen Gesellschaftsanteil hinaus ein Anteil an den Einkünften zugewiesen werden kann (sog. Vorabzurechnung von Verlusten).
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die Rechtsprechung bei gewerblich tätigen Personengesellschaften die im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Kommanditkapitals stehende Änderung des gesellschaftsvertraglichen Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssels steuerlich anerkannt hat, nach der künftige Gewinne bzw. Verluste nicht allen, sondern nur den in späteren Jahren beigetretenen Gesellschaftern zum Zwecke einer Ergebnisgleichstellung von Alt- und Neugesellschaftern zugeteilt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass eine derartige Gewinn- und Verlustverteilungsabrede betrieblich veranlasst ist und bereits am Beginn des Wirtschaftsjahres besteht (vgl. BFH-Urteil vom 7.7.1983, BStBl 1984 II S. 53 ; BFH-Urteil vom 17.3.1987, BStBl 1987 II S. 558 und BFH-Urteil vom 10.12.1992, BStBl 1993 II S. 538 sowie H 15.8 Abs. 3 „Vorabanteile” EStH).
Nach dem Ergebnis der Erörterung ist eine von den Gesellschaftsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte von vermögensverwaltenden Gesellschaften ebenfalls zulässig.
Der von der Rechtsprechung für gewerbliche Personengesellschaften aufgestellte Grundsatz kann – insbesondere im Hinblick auf die begriffliche Annäherung von Werbungskosten und Betriebsausgaben (Veranlassungsprinzip) – bei vermögensverwaltenden Gesellschaften entsprechend angewendet werden. Dabei treten an die Stelle der bei gewerblich tätigen Personengesellschaften für die steuerliche Anerkennung einer derartigen Gewinn- und Verlustverteilungsabrede geforderten betrieblichen Veranlassung grundstücksbezogene, wirtschaftlich vernünftige Gründe (vgl. R 21.6 Sätze 1 und 2 EStR). Diese liegen im Falle der vermögensverwaltenden Gesellschaft vor, wenn bzw. weil es im Interesse der Altgesellschafter und damit auch im Interesse der vermögensverwaltenden Gesellschaft liegt, dass die Altgesellschafter auf Verlustzuweisungen zugunsten neuer Gesellschafter verzichten, um hierdurch einen Anreiz für den Beitritt neuer Gesellschafter und damit einen Anreiz zur Zuführung neuen Kapitals zu schaffen. Eine von den Gesellschaftsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte soll jedoch auf Geschäftsvorfälle (Einnahmen/Ausgaben) beschränkt sein, die nach dem Eintritt des betreffenden Gesellschafters verwirklicht werden. Sie setzt eine entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag zu Beginn des Kalenderjahres voraus.
Die Zuweisung eines höheren als dem Gesellschaftsanteil entsprechenden Anteils an den insgesamt zulässigen Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz zugunsten des beitretenden Gesellschafters mit dem Ziel einer Ergebnisgleichstellung von Alt- und Neugesellschaftern ist jedoch nach Tz. I. 6. Satz 2 des BMF-Schreibens vom 24.12.1996 (BStBl 1996 I S. 1516, ESt-Kartei FördG Karte 11) steuerlich nicht anzuerkennen (vgl. Rdvfg. vom 19.3.1998, S 1988 A – 37 – St II 24, ESt-Kartei FördG Karte 17).
Die o.a. Grundsätze gelten nicht für Gemeinschaften.
Beispiel:
Bei Gründung einer vermögensverwaltenden Gesellschaft wird vereinbart, daß alle Gesellschafter unabhängig von ihrem Eintrittstermin in der Verlustzurechnung gleichgestellt werden.
Gesellschafter sind im Jahr 1997 A und B zu je 1/2. Die Gesellschaft erwirbt im Jahr 1997 einen Mietwohnungsneubau mit Anschaffungskosten von 1 Mio. DM. In diesem Jahr betragen die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 400.000 DM. Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz werden nicht in Anspruch genommen. Die negativen Einkünfte entfallen zu je 1/2 = 200.000 DM auf A und B.
Am 1.12.1998 tritt C der Gesellschaft bei. Alle Gesellschafter sind zu je 1/3 beteiligt. Die Gesellschaft nimmt 1998 Sonderabschreibungen von 25 v.H. = 250.000 DM in Anspruch. Die übrigen Werbungskosten, die gleichmäßig über das Jahr gezahlt werden, betragen 360.000 DM, so dass negative Einkünfte von insgesamt 610.000 DM entstehen.
Im Kalenderjahr 1999 betragen die negativen Einkünfte 300.000 DM.
Lösung:
Im Jahre 1998 werden die Sonderabschreibungen außerhalb der Verteilung des übrigen Betriebsergebnisses entsprechend der jeweiligen Beteiligung auf die Gesellschafter verteilt. Danach entfallen die Sonderabschreibungen zu je 1/3 = 83.333 DM auf A, B und C (vgl. zur Verteilung der Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz Rdvfg. vom 19.3.1998, S 2241 A – 9 – St II 21, ESt-Kartei § 15 Fach 2 Karte 7 und Rdvfg. vom 19.3.1998, S 1988 A – 37 – St II 24, ESt-Kartei FördG Karte 17).
Hinsichtlich des übrigen Betriebsergebnis...